Volkswagen Polo (2002 - 2009)
Einfachheit siegt!
Die "3 Liter" beim Lupo bezogen sich nicht auf den Hubraum (obwohl es Spaß gemacht hat, Leute auf dieser falschen Fährte tappen zu lassen), sondern auf den Verbrauch von 3 l / 100 km. Der Polo BlueMotion hat etwas geringere Ambitionen und verspricht "nur" einen Durchschnittsverbrauch von 4 Litern.
Blaue Bewegung
Der Lupo brauchte eine Menge Energiesparmaßnahmen und -techniken um seinen niedrigen Verbrauch zu erreichen: einen Dreizylinder-Diesel, eine Sechsgang-Automatik mit extra effizientem Schaltmuster, zwei Verbrauchsmesser, eine Start-Stop-Automatik, Reifen mit minimalem Rollwiderstand und jede Menge Leichtbau.
Der Polo BlueMotion kommt mit deutlich weniger Raffinesse aus. Der Luftwiderstand wird durch Front- und Heckspoiler verringert. Der Wagen ist tiefergelegt und steht auf speziellen Energiesparrädern. Die Ausstattung ist im Verhältnis zum Preis mager. Auch letzteres begründet Volkswagen mit Gewichtsersparnis, was uns aber nicht so recht einleuchten will, da die meiste Komfortelektronik kaum etwas wiegt.
Wie die anderen Polos auch, ist der BlueMotion zuverlässig, praktisch und geräumig. Große Fahrer finden bequem Platz. Auf der Hinterbank gibt es genug Kopf- und Beinfreiheit auch für Erwachsene. Der Gepäckraum ist zwar für VW-Maßstäbe etwas schlampig verarbeitet, ist aber deutlich größer als der Segmentsdurchschnitt.
Dreizylinder
Das wesentlichste Erfolgsgeheimnis des BlueMotion ist der Motor: Statt vier laufen hier drei Zylinder. Der Verzicht auf einen Zylinder lässt zwar den Motor etwas weniger rund laufen, macht dafür aber jedes Auto erheblich sparsamer. Auch bei der Wahl der Übersetzungen des Fünfgang-Handschaltgetriebes wurde auf Verbrauch optimiert. Einen wartungsfreien Partikelfilter hat das kleine Umweltwunder natürlich auch.
Direkt nach dem Kaltstart klingt der effiziente Diesel allerdings nicht besonders fortschrittlich oder raffiniert. In den ersten Minuten hört sich der kleine Polo eher wie ein Lkw an. Beim Schalten und Kuppeln knirscht die Mechanik unheilvoll, als ob gleich etwas kaputt geht. VW beruhigt uns aber und versichert, dass das so sein muss.
Immer sparsamer
Die Testfahrt beginnt mit einem gemütlichen Ausflug über die niedersächsischen Landstraßen. Trotz der steinharten Öko-Reifen ist die Straßenlage prima. Das macht den Polo BlueMotion nicht nur sicher sondern hilft auch Sprit sparen, weil vor der Kurve nicht unnötig gebremst und danach wieder beschleunigt werden muss.
Der BlueMotion fährt sich wie ein ganz normaler Polo. Der einzige Unterschied besteht in den optimistischen Verbrauchszahlen auf dem Bordcomputer. Direkt nach dem Start liegt der Verbrauch bei 5 Litern und sinkt von da ab ständig. Schon nach einer Viertelstunde erreichen wir die versprochenen 4 l / 100 km tatsächlich. Danach sinkt der Verbrauch weiter und landet schließlich bei einem Minimum von 3,1 Litern.
Im Stadtverkehr merken wir dann, wie sinnvoll eine Start-Stop-Automatik sein kann, über die einige konkurrierende Verbrauchswunder im Gegensatz zum Polo durchaus verfügen. Der BlueMotion schaltet den Motor im Stillstand nicht automatisch aus. Stattdessen verbraucht der Motor weiter, während man keinen Meter vorwärts kommt: 1 Liter auf 0 Kilometer macht sich schmerzlich bemerkbar. Der geringe Verbrauch, den wir uns in mehreren Stunden gemäßigten Fahrens mühsam erarbeitet haben, wird im Stau binnen Minuten zunichte gemacht.
Immer schneller
Nach Stadt und Stau wechseln wir radikal den Fahrstil. Wir konzentrieren uns jetzt nicht mehr auf den Verbrauch, sondern testen die Grenzen des Polo einmal richtig aus. Umweltfreundlichkeit ist schön, aber die Leistung muss im Zweifelsfall auch stimmen.
Der Polo BlueMotion zeigt sich dabei als Turbodiesel der alten Schule. Anfangs zögert der Motor und liefert nur begrenzte Leistung. Sobald die Nadel des Drehzahlmessers aber über 2.000 Umdrehungen klettert, springt der Turbo ein und wird die Leistung des BlueMotion plötzlich hervorragend. Der Sprint von 0 auf 100 km/h in 12,3 Sekunden beeindruckt als Zahl vielleicht nicht besonders, fühlt sich aber wirklich flott an. Der kleine Umweltfreund kommt schnell vom Fleck, wenn es darauf ankommt.
Die Zwischenbeschleunigung ist dank des starken Drehmoments prima und auch auf der Autobahn fühlt sich der Polo zu Hause. Dank des geringeren Luftwiderstandes liegt die Spitzengeschwindigkeit des BlueMotion sogar noch etwas höher als die des regulären Diesel-Polos. Als wir ein letztes Mal auf den Bordcomputer schauen, hat der Polo eine angenehme Überraschung zu bieten: Inklusive Sprints und Hochgeschwindigkeitstest landen wir bei einem Durchschnittsverbrauch von nur 3,4 Liter auf 100 km.
Fazit
Ist der Polo BlueMotion ein würdiger Nachfolger des 3-Liter-Lupos? Auf den ersten Blick nein, denn der Polo ist nicht halb so fortschrittlich und könnte mit der Technik des Lupo noch viel besser im Verbrauch sein. Aber diese Technik kostet, so dass sich der Mehrpreis des Lupo damals nur schwer über den Verbrauch wieder hereinbekommen ließ. Der 3-Liter-Lupo endete deshalb als Journalistenspielzeug, Kuschelauto für Umweltaktivisten und Visitenkarte für Volkswagen.
Der Polo BlueMotion zeigt mehr Realitätssinn. Der BlueMotion ist größer als der Lupo und dadurch auch wirklich als Familienauto geeignet. Dank recht einfacher Modifikationen ist der BlueMotion kaum teurer als die anderen Dieselmodelle und trotzdem erheblich sparsamer. Nicht trotz, sondern gerade wegen dieser einfachen Herangehensweise erreicht Volkswagen sein Ziel besser als beim ersten Versuch. Der sparsame Polo ist für eine große Gruppe von Kunden eine gute, sparsame und bezahlbare Wahl, und schont damit sowohl die Umwelt als auch den Geldbeutel der Käufer.
- Geräumig
- Sehr sparsam
- Genauso komfortabel wie jeder andere Polo
- Schalt- und Kupplungsgeräusche
- Motor in den ersten Minuten deutlich zu hören
- Sitze bieten nicht genug Stütze im Lendenbereich