Datum der Veröffentlichung: 23 August 2005
Volkswagen Jetta (2005 - 2011)
Autotest

Volkswagen Jetta (2005 - 2011)

Alter Name, neue Chance

Autotest - Berlin ist für die wiedervereinigte Bundesrepublik zu einem Symbol geworden. Hier kommen Alt und Neu, Ost und West harmonisch zusammen. Diese Stadt ist genau richtig für die Einführung des neuen VW Jetta; ein Name den Volkswagen schon sehr lange führt, der aber im Laufe der Zeit sehr unterschiedlich verwendet wurde. Diese mittelgroße Stufenhecklimousine ging durchs Autoleben als Bora, Vento und heißt jetzt wieder Jetta. Erhält das Auto mit dem alten Namen wieder eine neue Chance?

Testwagen ist der Jetta mit 2.0-Liter FSI Benzinmotor und Sportline-Ausführung. Auf der Autobahn Richtung Berlin merkt man, daß der Wagen sich hier richtig zu Hause fühlt, denn für diese langen Reiseabstände, scheint der Jetta geschaffen worden zu sein. Das Fahrgestell ist straff, aber nie unbequem. Bei hoher Geschwindigkeit bleibt das Auto deshalb auch sehr stabil und gut kontrollierbar, wodurch lange Fahrten weniger anstrengend sind.

Volkswagen Jetta (2005 - 2011)

Der Direkt-Einspritzer Vergasermotor (eine Erfindung von Volkswagen) wurde vor allem für seine gute Elastizität und weniger für seine Lebendigkeit oder Aggressivität entworfen. In allen Gängen ist darum auch viel Reserve vorhanden. Nach dem Überholen wieder flott einzufädeln, ist kein Problem und auch danach ist es möglich, notfalls, ohne zurück zu schalten, eine sehr hohe Reisegeschwindigkeit aufzubauen. Ob es nun 70 oder 170 Km/h sind, der Jetta bleibt still und bequem. Erst weit über 200 Km/h ist der Mumm leider raus.

Berlin

Nach dem Geschwindigkeitsrausch auf der Autobahn ist es in der Stadt besser, wieder auf den Tacho zu achten. Der Motor ist so leistungsfähig, daß Schalten fast schon optional ist. Fast in jedem Gang fährt der Jetta fast unbemerkt zu schnell. Sogar im 6.Gang tuckert der Jetta ganz unkompliziert. Das Getriebe läßt sich leicht und zielsicher schalten, typisch für einen VW. Wer den Motor auf Drehzahl hält, wird mit mehr als nur sehr guten Leistungen belohnt. Als Tourist in einer fremden Stadt, auf einem fremden Verkehrsring, kommt seine Leistung ihm mehr als einmal zu Gute, um mehr als nur einmal -gerade im letzten Moment- noch eine Abfahrt zu erreichen (die Volkswagen Navigationsanlage ist leider nicht zu 100% zuverlässig).

Ein langer Boulevard läuft von West- bis zum ehemaligen Ost-Berlin. Einmal über den ehemaligen Grenzübergang, beeindruckt die Besucher die Siegessäule mit dem Kosenamen "Goldelse". Für den Jetta ist auch das Verkehrschaos im Kreisverkehr um die Siegessäule interessant. Dank seiner relativ kompakten Abmessungen, ist der Jetta sehr wendig und leicht zu überblicken. Wenn auch der Jetta kein kleines Stadtauto ist, empfiehlt sich diese kleine Stufenhecklimousine sehr gut für den Stadtverkehr.

Bode Museum

Unser erstes Ziel ist das Bode Museum. Der Bezirk um dieses kunst-historische Museum wird so umfassend erneuert, daß es fast keinen Verkehr mehr dort gibt. Weit entfernt von einem Museums Besuch wird auf diesen ausgedehnten und leeren Einbahnstraßen die Straßenlage des Jetta bis zum Limit getestet. Wieder überzeugt der Jetta. Das Auto hat dank seines Sportline-Fahrwerks einen sportlichen Unterton, bleibt aber trotzdem noch komfortabel. Der Test macht deutlich, warum Volkswagen neben dem Passat noch eine zweite Stufenhecklimousine auf den Markt bringt: ein kleineres Auto ist dynamischer und darum wird sich dafür dann auch eine größere Käufergruppe begeistern können.

Volkswagen Jetta (2005 - 2011)

Potsdamer Platz

Unser Weg führt uns am -fast schon obligatorischen- Brandenburger Tor vorbei (siehe Hochformatsfoto im grauen Rahmen) bis zum Potsdamer Platz, wo sich das Straßenbild vollständig ändert. Wo ehemals nüchterne, ostdeutsche Plattenbau-Kolosse standen, ist jetzt Raum für Neubauten entstanden. Vor einem architektonischen Wunder aus Glas und Stahl sind für die Öffentlichkeit einige bemalte Reste der Berliner Mauer ausgestellt worden (siehe Panorama Foto). Gerade durch das Auto hier auf dem Platz zu parken, können wir die Meinung der Passanten zum neuen Jetta peilen. Manch einer weiß nicht, daß man den Wagen noch nicht kaufen kann und das gibt Grund zu manchen Fragen.

Volkswagen Jetta (2005 - 2011)

Die meist gestellte Frage ist: "Ist das ein Stufenheck Golf, oder wirklich ein neues Auto?". Die Antwort lautet: Unter seiner Haut ist der Jetta ein echter Golf, aber sein Design ist völlig neu. Die Motoren, die Ausstattung und sein Chassis sind alle vom Golf. Um seinen höheren Rang in der Hierarchie anzudeuten, wurde beim Jetta der Kühlergrill weiter nach unten gezogen. Außerdem lassen die langen Linie, die von den Scheinwerfern über die Seitenfenster bis zu den Rückleuchten laufen, den Jetta schlanker erscheinen. Die Dachlinie ist viel niedriger als die des Golfs und auch dies macht den Jetta eleganter als den Golf.

Weil die Sitze sehr niedrig plaziert wurden, ist die Kopffreiheit trotz der niedrigen Dachlinie sehr gut. Im Vergleich zu größeren Geschäftswagen ist das Platzangebot für den Fahrer und Beifahrer etwas bescheiden. Darum gehört der Jetta auch zur Golfklasse und nicht zur unteren Mittelklasse, wie der Passat. Das Platzangebot auf der Rücksitzbank ist richtig großzügig, so daß der Jetta der Chef von viel größeren Stufenhecklimousinen ist. Vor allem der Kofferraum ist mit 527 Litern gigantisch, er schluckt mit Leichtigkeit die gesamte Gepäck- und Fotoausrüstung für diesen City-Trip.

Volkswagen Jetta (2005 - 2011)

Reichstag

Die "Berlin in einem Tag"-Testfahrt endet bei den Planern und Rechenmeistern von Berlin: am Reichstagsgebäude. Auf einem ruhigen Parkplatz ist nun Zeit darüber nachzudenken, ob der Jetta eine vernünftige Wahl ist. Ein gleichwertiger Passat ist ungefähr nur 3.000 Euro teurer als der Jetta. Außerdem bieten andere Hersteller für das gleiche Geld größere (aber nicht unbedingt mehr Platz) und/oder schnellere Stufenhecklimousinen, die auf einem Firmenparkenplatz mehr auffallen.

Erst auf dem Rückweg wird deutlich, wo der wirkliche Wert des Jetta liegt. Dies ist kein Stufenheck Golf oder ein kleiner Passat. Den Jetta wählen heißt, sich für ein Gefühl entscheiden, wie eine Stadt ein bestimmtes Gefühl hinterläßt. Berlin hat eine lange Geschichte, ist aber gleichzeitig auch eine moderne Stadt voller Kunst und Kultur. Der VW Jetta ist solide und traditionell, aber gleichzeitig dynamisch und modern. Es ist gerade dieses Gefühl des Vertrauten in Verbindung mit Neuem, das eine große Käufergruppe ansprechen wird. Kurz gesagt: ein alter Name und eine wohlverdiente neue Chance.

Volkswagen Jetta (2005 - 2011)

Fazit

Nach einer nervenden Testfahrt durch Berlin ist unser Fazit, daß der neue Volkswagen Jetta kein sehr aufregedes aber ein ziemlich gutes Auto ist. Alles taugt und nur unter Mühen findet man Nachteile.

In einem Segment, indem das Angebot enorm ist, erzielt der Jetta, mit seinem zuverlässigen VW-Gefühl und seiner vertrauten Golf-Technik, den ersten Platz. Dies wird durch sein erfolgreiches Design und mit sehr viel Platz im Innenraum unterstützt.

plus
  • Sehr viel Platz
  • Erprobte Golf-Technik
  • Dynamisch und gleichzeitig komfortable Straßenlage
minus
  • Unhandliche Kippschalter bovenop stuurhendels
  • Navigationssystem unzuverlässig (fällt aus, gibt widersprüchliche Anweisungen)