Datum der Veröffentlichung: 18 Januar 2013
Seat Leon (2012 - 2020)
Autotest

Seat Leon (2012 - 2020)

In Form

Autotest - "Identitätskrise" ist ein zu starkes Wort. Aber - Seat tat sich in den letzten Jahren sehr schwer damit, sein eigenes Gesicht zu zeigen. Der Seat Mii und der Seat Alhambra sind direkte Kopien von Volkswagen. Der letztens eingeführte Toledo unterscheidet sich kaum vom Skoda Rapid. Mit dem Leon will Seat das alles wieder gut machen, indem ein eigenes Gesicht und viel Charakter gezeigt wird. Ist das gelungen?

Es war kein fehlender Wille oder fehlendes Talent, dass die letzten Modelle von Seat alles Kopien von Autos anderer Hersteller waren. Seat möchte Modelle in allen Segmenten des Marktes anbieten, von groß bis klein, ohne große Investitionen zu tätigen. Aber, in längst nicht allen diesen Märkten ist Seat so erfolgreich, dass damit die Investion in ein ganz neues Modell finanziert werden kann.

Außerdem wartete Seat auf eine besondere Chance. Mutterfirma Volkswagen hat die neuesten Modellen nämlich so entwickelt, dass sie aus Standard-Komponenten aufgebaut werden können. Wie bei einem Baukasten können Komponenten kombiniert werden, um zu einem neuen Auto zu kommen. Ohne das Rad ganz neu zu erfinden, konnte Seat diesmal doch ein eigenes Modell ohne große Investitionen bauen.

Seat Leon (2012 - 2020)

Ein einzigartiges Massenprodukt

Unter der Haut hat der neue Seat Leon daher Teile, die auch im Volkswagen Golf VII und im neuen Audi A3 zu finden sind. Die Punkte, die den Charakter definieren, hat Seat selbst entwickelt. So verrät das Äußere des neuen Leon auf keine Weise, dass Standard-Komponenten benutzt worden sind. Im Vergleich mit dem vorherigen Leon hat die neue Generation eine schärfere, sportliche und strammere Linienform. Alle Linien kommen an der Front an einem Punkt zusammen. Dadurch strahlt der Leon etwas Energisches aus.

An einigen Punkten war die Form wichtiger als die Funktion. So sind die Außenspiegel unbequem klein, und der breite C-Still (der Balken zwischen den Hintertüren und dem Heckfenster) behindert die Sicht beim Rückwärtsfahren.

Seat Leon (2012 - 2020)
Seat Leon (2012 - 2020)

Der großzügige Radstand sorgt außerdem für viel Innenraum. Der Raum hinterm Lenkrad ist prima. Abhängig von den gewählten Sitzen kann der Sitz unbequem hoch sein, doch trotz wiederholten Versuchen kann der Fahrersitz wirklich nicht weiter in der Höhe verstellt werden. Der Raum hinten ist angemessen. Aber weil die Vordersitze von hinten sanft und hohl sind, bietet der Leon etwas mehr brauchbaren Beinraum als die Konkurrenz. Der Gepäckraum ist mit 380 Litern genau so groß wie die der Modelle aus dem selben Stall (Audi A3, VW Golf).

Das Interieur ist stramm und modern geformt. Die Ober- und Unterseite des Armaturenbrettes können auf Wunsch in kontrastierenden Farben ausgeführt werden, was eine besondere Atmosphäre ergibt. Ein schönes Detail ist die Trapez-Form, die in allen Details wiederholt wird, vom Lenkrad bis zum Türgriff. Das Äußere ist damit von Kopf bis Fuß ein echter Seat.

Seat Leon (2012 - 2020)

Ausrüstung

Das selbe gilt für die Ausrüstung. So ist das Elektronengehirn des Audio-, Navigations- und Kommunikationssystems das gleiche wie bei den anderen Volkswagen-Marken. Seat sorgt jedoch für eine ganz eigene Formgebung und Bedienungslogik. "EasyConnect", wie das System heißt, reagiert oft störend träge auf Kommandos, und leider ist auch das einzigartig für Seat. Sogar das Display zwischen Tacho und Drehzahlmesser hat eine etwas schönere "Graphik" als üblich.

Optional kann der Leon mit LED-Scheinwerfern ausgestattet werden. Im Vergleich mit üblichen Scheinwerfern geben LEDs ein weißeres Licht, und der Stromverbrauch bedeutend niedriger. Sehr klug: Bei hoher Geschwindigkeit kippt der Scheinwerfer etwas, damit das Lichtbündel weiter reicht.

Seat Leon (2012 - 2020)

Benzin

Für diesen Test wurde zunächst mit dem 1.4 Liter TSI Benzinmotor gefahren. Durch die Assistenz eines Turbo bietet dieser Motor viel mehr Leistung, als der relativ bescheidene Inhalt vermuten lässt. Außerdem arbeitet der 1.4 TSI mit großem Enthusiasmus. Sobald das Kupplungspedal losgelassen wird, fährt der "Leon 1.4 TSI" mehr als nur willig.

„Der Seat Leon ist lebendig und wendig, der Leon FR ist sogar herausfordernd und verführerisch.“
Seat Leon (2012 - 2020)

Auch während Zwischenbeschleunigungen baut die Kraftquelle so begierig Leistung auf, dass das Auto zum schnellen Fahren herausfordert. Bei äußerst ruhiger Fahrweise scheint die Mechanik fast zu protestieren. Vor allem bei sehr langsamem Anfahren aus dem Stand kann der Motor manchmal störrisch reagieren.

Trotz der mehr als guten Leistungen ist der Verbrauch niedrig, nahezu unglaubwürdig niedrig. Eine Strecke mit Autobahn und Stadtverkehr kostete uns laut Bordcomputer insgesamt 5,1 Liter Benzin pro 100 km. Verschiedene kleinere und trägere Autos verbrauchen mehr!

Diesel

Für denjenigen, der gern sparen möchte, gibt es den 1.6 Liter Dieselmotor. Der hat 105 PS / 250 Nm, was ausreicht, um mühelos im Verkehr mitzukommen. Für flotte Zwischenbeschleunigungen wird am besten zurückgeschaltet, aber auch dann ist die Leistung gut. Bei Höchstgeschwindigkeit ist die Drehzahl und damit sowohl der Verbrauch als die Geräuschentwicklung angenehm niedrig.

Seat Leon (2012 - 2020)

Ein super sparsamer "Ecomotive" wird noch entwickelt, doch auch der normale 1.6 TDI ist angenehm sparsam. Auf einer sehr anspruchsvollen Strecke kam der Verbrauch auf 4,6 Liter pro 100 km, und das nähert sich dem Verbrauch von Spar-Dieseln anderer Hersteller.

Der 2.0 TDI ist der teuerste und ohne Zweifel der feinste Motor auf der Preisliste. Dieser 150 PS / 320 Nm kräftige Diesel bietet einen Überfluss an Leistung, unabhängig von der Drehzahl. Eine vorsichtige Berührung des Gaspedals reicht schon für eine kräftige Beschleunigung, während der 2.0 TDI auf der Autobahn sogar leiser ist als die Benzinmotoren!

Straßenlage

Gemäß dem "Baukasten"-Prinzip sind alle Motoren fix und fertig von der Mutterfirma Volkswagen übernommen worden. Das gilt nicht nur für das am meisten charakterisierende Teil des Autos: das Fahrgestell. Seat hat sowohl die Federung als auch die Lenkung in Maßarbeit neu für den Leon gemacht.

Seat Leon (2012 - 2020)

Das erzeugt einen besonderen Effekt. Während sich die Konkurrenten so solide anfühlen, dass sie aus einem Guss zu sein scheinen, fühlt sich der Leon leichtfüßig und beweglich an. Der Leon lenkt leicht in der Stadt, doch direkt und mit Gefühl auf kurvigen Strecken.

Dieses Gefühl wird künstlich, wenn die "Fahrstreifenassistenz" gewählt wird. Statt dass dieses System vorsichtig assistiert, wenn die Fahrbahnbegrenzung unabsichtlich überfahren wird, ist spürbar, wie das Auto selber lenkt, bevor der Fahrer die Initiative ergreift.

Die sportlichste Version ist derzeit der "FR". Der FR ist kein ausgesprochener Sportwagen (diese Rolle ist für den "Cupra" vorgesehen), doch sie gibt dem Leon einen besonders sportlichen Charakter. Das Fahrgestell wird strammer und die Lenkung etwas direkter, ohne dass es unkomfortabler wird. Gerade dann ist bemerkbar, wie schön der Leon im Gleichgewicht ist. Kurven werden mit dem FR nicht genommen, sondern mit Spaß verschlungen. Mit dem Leon ist Seat wieder komplett in Form!

Seat Leon (2012 - 2020)

Fazit

Seat ist die junge, sportliche Seite von Volkswagen. Die letzten Modelle von Seat waren jedoch exakte Kopien von Volkswagen-Modellen, und deswegen konnte Seat das gepflegte Image kaum wahrmachen. Der Leon macht das alles wieder gut.

Unter der Haut teilt sich der Leon Komponenten mit Modellen von Volkswagen und Audi. Auf diese Art und Weise konnten hohe Entwicklungskosten eingespart werden, und der Leon hat damit außerdem einen freundlichen Preis. Die Formgebung ist einzigartig für Seat. Das vielversprechende Äußere wird mit einem sportlichen Charakter wahr gemacht. Der Seat Leon ist lebendig und wendig, der Leon FR ist sogar herausfordernd und verführerisch. Unabhängig vom gewählten Getriebe sind die Leistungen beachtlich und der Verbrauch ist angenehm niedrig.

plus
  • Netter Preis
  • Flott und sparsam
  • Sportlicher Charakter
minus
  • Unbequem kleine Außenspiegel
  • Unübersichtlich beim rückwärtsfahren
  • Navigationssystem reagiert störend träge auf Eingaben