Renault 5
Unwiderstehlich
Die Nachfrage nach kompakten und sparsamen Elektroautos ist groß. Im Gegensatz dazu sind die Gewinne bei solchen Autos gering, was für die Automobilhersteller eine Herausforderung darstellt. Renault löst dieses Problem, indem es zwei Modelle durch den "5" ersetzt: den Twingo und den Zoë. Durch die Entscheidung für ein Retro-Design sieht der 5 Electric schon in der einfachsten Version gut aus. In den exklusiveren Versionen übt das Modell sogar eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf manch einen Autoliebhaber aus. Auf diese Weise erreicht Renault sowohl Käufer, die aus Idealismus oder aus finanziellen Gründen elektrisch fahren wollen, als auch Enthusiasten, die den 5er wegen seines Images wählen.
Plattform
Bei der Entwicklung der neuen Generation des 5er hat Renault einen besonderen Ansatz gewählt. In der Regel nimmt man eine bestehende Plattform und baut darauf eine Karosserie auf. Für den 5 wählte Renault den umgekehrten Weg: Die Designer zeichneten zunächst ihre ideale Neuinterpretation des klassischen Renault 5, dann wurde eine passende Plattform entworfen. Bei dieser so genannten "AmpR Small"-Plattform sind die Batterien Teil der tragenden Struktur, was zusätzliche Sicherheit (Knautschzone, Steifigkeit), zusätzliche Agilität (Platz für lenkbare Vorderräder und eine fortschrittliche Hinterradaufhängung) und zusätzlichen Innenraum bietet. Wäre der 5 ein Auto mit Verbrennungsmotor, wäre das Auto in allen Richtungen viel größer.
Sowohl innen als auch außen gibt es viele Anspielungen auf den klassischen Renault 5. Das liegt nicht nur an der Grundform der Karosserie, sondern auch an Kleinigkeiten wie dem Muster der Rückleuchten. In ihnen erkennt man die Lüftungsschlitze von damals wieder, die diesmal durch ihre ungewöhnliche Form zur Stromlinienform beitragen. Auch die Öffnungen über dem vorderen Nummernschild und die breitstrahlenden Scheinwerfer sind dem klassischen 5er nachempfunden. Was wie ein Lufteinlass auf der Motorhaube aussieht, ist in Wirklichkeit ein Indikator, der den Fortschritt beim Aufladen anzeigt. Der Testwagen in Gelb sieht so gut aus, dass der Testfahrer schon vor Beginn der Testfahrt gut gelaunt ist!
Platz
Innen ist der Retro-Spaß vielleicht noch größer als außen. Die Innenraumatmosphäre ist unverkennbar französisch mit einem "flachen" Armaturenbrett, auf dem sich die verschiedenen Bedienelemente befinden. Gleichzeitig vermitteln die Qualität der Verarbeitung und die Auswahl der Materialien einen erwachsenen Eindruck. Der Stauraum im Innenraum ist knapp bemessen. Das Handschuhfach ist klein und die Türtaschen sind so flach, dass Gegenstände beim Öffnen und Schließen der Türen leicht herausfallen.
Die Sitze sind mehr vom Renault 5 Turbo inspiriert als von den durchschnittlichen Versionen. Für französische Verhältnisse sind sie sehr straff (aber auch nach vielen Fahrstunden noch bequem). Bei einer früheren Begegnung mit einem Prototyp ließ die Kopffreiheit etwas zu wünschen übrig. Das wurde beim Serienmodell behoben, und Fahrer unterschiedlicher Statur sitzen gut im 5er. Angesichts der Abmessungen des Wagens wird es nicht überraschen, dass die Beinfreiheit im Fond minimal ist. Da der Motor, der Antriebsstrang und der Wandler vorne untergebracht sind, ist das Kofferraumvolumen mit 326 Litern sehr groß.
Ausstattung
Auf dem Armaturenbrett befinden sich zwei Bildschirme, die sich von hinter dem Lenkrad bis zur Hälfte des Armaturenbretts erstrecken und wie ein einziger erscheinen. Ein Bildschirm bietet die Möglichkeit, Daten auf unterschiedliche Art und Weise darzustellen, und Renault macht davon Gebrauch, indem er dem Fahrer eine Auswahl an Layouts mit Schwerpunkt auf Navigation, Sicherheit oder Verbrauch bietet. Das Design ist stets eine gelungene Mischung aus moderner Ergonomie und Retro-Elementen.
Das gilt auch für "Reno", den intelligenten Assistenten. Er hat die Form eines Renault-Logos mit einem fröhlichen Gesicht darin. Reno tanzt sanft über den Bildschirm, wenn der Fahrer kommuniziert, und zieht Informationen aus drei Quellen. Einfache Fragen, zum Beispiel zu den Fahrzeugeinstellungen, beantwortet Reno selbst. Für die Navigation wird Google Maps konsultiert. Fragen, die Intelligenz erfordern, werden an ChatGPT weitergeleitet (ein 5-Jahres-Vertrag ist im Lieferumfang des Autos enthalten, danach sind jährliche Abo-Zahlungen erforderlich). Wer Bedenken wegen des Datenschutzes hat (Google speichert alles, ChatGPT nutzt alles als Trainingsdaten), kann die AGBs nicht akzeptieren und auf sein eigenes Smartphone Apple CarPlay oder Android Auto zurückgreifen. Das serienmäßige Audiosystem stammt von Arkamis und hat einen einfachen, ehrlichen Klang (4 Lautsprecher in der Basisversion, 6 Lautsprecher in der Deluxe-Version).
Der 5 ist mit den von der Europäischen Union geforderten Sicherheitsmerkmalen ausgestattet. Dabei geht Renault nicht weiter als nötig, denn eine Kamera, die das Gesicht des Fahrers überwacht, ist nicht vorhanden. Für Autozine ist das eine gute Entscheidung, denn in der Praxis warnen solche Kameras bereits, wenn der Fahrer über die Schulter schaut, um sicher die Spur zu wechseln. Wie bei allen neuen Renaults kann der Fahrer alle unerwünschten Assistenten einfach per Knopfdruck abschalten.
Aufladung und Reichweite
Das Ziel des neuen Renault 5 ist es, das elektrische Fahren einer breiten Zielgruppe zugänglich zu machen. Deshalb ist der 5 mit verschiedenen Batterien und Motoren erhältlich. Die Basisversion verfügt über eine Batterie mit einer Kapazität von 40 kWh, die eine Reichweite von 300 km ermöglicht. Diese Version richtet sich an Käufer, die zu Hause aufladen können und/oder hauptsächlich Kurzstrecken fahren. Für diejenigen, die auf der Straße aufladen und nicht jeden Tag aufladen können oder wollen, gibt es eine Version mit einer 52-kWh-Batterie und einer Reichweite von 400 km. Diese Reichweite wurde beim Test unter günstigen Wetterbedingungen problemlos erreicht (Testverbrauch 14,3 kWh / 100 km).
Um den Preis niedrig zu halten, ist das öffentliche Laden mit 11 kW möglich. Das Schnellladen ist mit 80 kW oder 100 kW möglich (je nach gewähltem Motor). Das sind zwar keine Rekordgeschwindigkeiten, aber angesichts der Batteriekapazität ist es ein gutes Gleichgewicht zwischen Preis und Ladegeschwindigkeit. Gibt man im Navigationssystem ein Schnellladegerät als Ziel ein, wird die Batterie vorgeheizt, um die versprochene maximale Ladegeschwindigkeit auch tatsächlich zu erreichen. Wer den Nutzungsbedingungen von Google nicht zustimmt, kann den Akku nicht vorheizen, da dies von Google Maps abhängt.
Sehr unglücklich: Die Ladebuchse befindet sich vorne links. Das sorgt zwar für einen großen Kofferraum, zwingt den Fahrer aber fast dazu, in schrägen Parklücken vorwärts einzuparken (größerer Wendekreis, schlechtere Sicht beim Ausparken). Beim Parken an der Straße besteht die Gefahr, dass andere Autos oder Radfahrer das Ladetor beschädigen.
Leistung
Der Elektromotor und die Steuerelektronik stammen aus dem Renault Megane Electric, wobei der 5 die Wahl zwischen Elektromotoren mit 95 PS, 120 PS und 150 PS bietet. Wie beim Megane wird die "Automatik" über einen Hebel am Lenkrad gesteuert. Das scheint zwar praktisch zu sein, aber die vielen Hebel am Lenkrad sorgen für Verwirrung. Mehr als einmal wurden die Scheibenwischer statt des Rückwärtsgangs betätigt. Verwirrend und umständlich: Die Automatik verfügt nicht über einen "Park"-Modus. Stattdessen wird der Leerlauf gewählt und die Feststellbremse angezogen, sobald der Fahrer den Sicherheitsgurt löst oder die Tür öffnet. Das scheint clever, doch wer das Bremspedal beispielsweise an einem Bahnübergang nicht minutenlang gedrückt halten will, muss "neutral" wählen und die Handbremse selbst anziehen.
Für diesen Test wurde der 150 PS starke Elektromotor angetrieben, der den 5er schnell macht. Die Reaktion auf das Gaspedal ist eifrig und direkt. Im Sportmodus kommt er sogar mit einer gewissen Souveränität daher und die Vorderräder können die Kraft gerade noch bändigen. Im Eco-Modus beruhigt sich das wilde Biest tatsächlich und der 5er lädt zum gemütlichen Drehen ein. Bis zu einer Geschwindigkeit von etwa 100 km/h sind die Fahrgeräusche minimal. Nur bei hohem Tempo und bei schlechtem Wetter ist Fahrtwind an den Außenspiegeln zu hören.
Beim Loslassen des Gaspedals kann Energie zurückgewonnen werden, aber dieser Effekt ist nicht stark genug, um einpedaliges Fahren zu ermöglichen. Nach März 2025 produzierte Exemplare werden mit Hebeln hinter dem Lenkrad ausgestattet sein, mit denen verschiedene Stufen der Energierückgewinnung ausgewählt werden können.
Fahrverhalten
Alpine, die sportliche Tochtergesellschaft von Renault, bietet eine sportliche Version des 5 an. Um den Ansprüchen dieser exklusiven Marke gerecht zu werden, verfügt der "A290" über eine hochentwickelte Hinterradaufhängung ("Multilink"). Es wäre zu kostspielig, die Alpine A290 und den Renault 5 mit unterschiedlichen Fahrwerken auszustatten. Daher kommt auch der Renault 5 in den Genuss von Technologien, die normalerweise nur Fahrzeugen der Oberklasse vorbehalten sind. Außerdem steht der 5 auf ungewöhnlich großen Rädern, das Auto ist relativ leicht und die Batterien im Boden sorgen für einen niedrigen und zentralen Schwerpunkt.
Das Ergebnis ist ein dynamisches Fahrverhalten, das es in diesem Segment noch nie gegeben hat! Die Lenkung ist leicht, präzise und direkt und macht den 5 außergewöhnlich dynamisch und spielerisch. Auch dank seiner niedrigen Bauweise (er ist kein SUV!) vermittelt der 5 ein vertrauenserweckendes Gefühl, das auch bei sehr sportlicher Fahrweise nie verletzt wird. Das einzige Risiko besteht darin, dass der Fahrer versucht sein könnte, schneller zu fahren, als es die (Verkehrs-)Situation erlaubt. Wer der Versuchung widerstehen kann, wird feststellen, dass der 5er auch ein sehr komfortables Auto ist.
Fazit
In den 1970er Jahren war der Renault 5 das richtige Auto zur richtigen Zeit. Nach einer äußerst angenehmen Testfahrt kann man feststellen, dass er es wieder ist. Damals machte der Renault 5 Mobilität für eine große Gruppe von Autofahrern zugänglich. Der 5 Electric tut dies erneut, indem er das elektrische Fahren erschwinglicher macht.
Aber der Renault 5 Electric ist viel mehr als nur ein sparsames Elektroauto. Sein sympathisches Äußeres macht das Modell so attraktiv, dass sich viele für den 5 begeistern werden, unabhängig von seiner Technik oder seinen finanziellen Vorteilen. Auch optisch hebt sich Renault positiv von der Flut der billigen Elektroautos aus China ab.
Die vielleicht wichtigste Erkenntnis: Der Renault 5 fährt so gut, wie er aussieht. Oder um es einfacher auszudrücken: Er ist das Auto mit dem besten Fahrverhalten in seinem Segment, ob mit oder ohne Elektroantrieb. Die Kombination aus niedriger Bauweise (er ist kein SUV!), moderner Plattform, fortschrittlichem Fahrwerk, großen Rädern, niedrigem Schwerpunkt, präziser Lenkung und eifrigem Elektromotor macht aus diesem Auto ein Vergnügen für jede Fahrt. Der Renault 5 Electric ist also günstiger in der Anschaffung, schöner im Aussehen und besser im Fahrverhalten und es gibt nur ein Wort dafür: unwiderstehlich.
- Sportlich und komfortabel
- Gelungenes Design / starkes Image
- Hervorragende Leistungen, niedriger Verbrauch, große Reichweite
- Automatik hat keinen P-Modus
- Datenschutzbedenken aufgrund von Android und ChatGPT
- Ungünstiger und gefährlicher Standort der Ladesteckdose