Porsche 911 (2005 - 2012)
Jugendtraum
Dies ist der neue 911 Targa. Den Unterschied zur Urversion aus der Zeit des Jungenzimmers voller Poster ist klar. Doch der Unterschied zum vorherigen Modell ist weniger deutlich. Trotzdem handelt es sich um ein komplett neu entworfenes Auto. Zunächst einmal ist der neue 911 Targa breiter als sein Vorgänger. Die Scheinwerfer sind angepasst, und auch die Rückseite ist neu gezeichnet. Die Dachlinie, der Punkt, worin sich der 911 Targa vom 911 Carera unterscheidet, wird jetzt mit einem Chromstreifen betont.
Targa
Der Targa unterscheidet sich vom 911 Carera durch die Dachkonstruktion, und diese ist mittlerweile eine geprüfte Konstruktion. Das große gläserne Dach kann man mit einem Knopfdruck öffnen (auch während der Fahrt!!), womit der Targa eine Erfahrung bietet, die zwischen Coupé und Cabrio fahren liegt. Zumindest, wenn es passt. Wer die sehr bequemen Vordersitze weit nach hinten stellt, hat die Chance, mit dem Hinterkopf an den Rand des geöffneten Daches zu stoßen, und dann ist es aus mit dem Spaß.
Mit geschlossenem Dach gibt der 911 Targa dank der großen Glasoberfläche ein bemerkenswert großes Gefühl von Freiheit und Raum. Das Auto bietet im absoluten Sinne auch Raum für einen Zweisitzer. Der Fahrer kann einfach einsteigen und braucht nicht hinter dem Lenkrad zu liegen, damit er unter das niedrige Dach passt. Dabei bietet der 911 vorne und hinten genügend Laderaum, womit dieser Sportwagen sogar ein wenig praktisch ist.
Ergonomie
Für den neuen 911 Targa wurde das Armaturenbrett ganz neu entworfen, aber doch ist es in manchen Punkten ein ergonomisches Rätselbild. Ein Teil der Elektronik wird mit einem Hebel unter dem Lenkrad gesteuert, andere Funktionen werden direkt mit Knöpfen bedient, die um den zentral platzierten Farbmonitor angeordnet sind. Die Grafiken auf dem Monitor sind ein wenig altmodisch, und die Dialoge lassen es an Klarheit missen.
Das Navigationssystem hat keine TMC-Funktion (automatische Routenplanung um Staus herum). Um ein Handy anzuschließen, ist es notwendig, SIM-Karte aus dem Telefon zu holen; Dr. Ing. h. c. F. Porsche AG hat, wie es aussieht noch, nie von Bluetooth gehört. Ein echter Jammer ist der ermüdende und bombastische Klang des Audiosystems; das drückt dem ganzen Erlebnis einen negativen Stempel auf.
Einige ergonomische Eigensinnigkeiten werden durch die Geschichte erklärt. Dinge, die ungeschickt aussehen, sind einfach eine Ode an die lange Tradition der Marke. Denken Sie dabei an die vielfältige Anwendung der Kippschalter und den Zündschlüssel, der links vom Lenkrad steckt. Das letztere kommt aus dem Rennsport, wo die Fahrer zu ihren Wagen rannten. Mit dem Zündschlüssel auf der linken Seite war also die rechte Hand frei zum Schalten und der Porschefahrer etwas schneller weg.
Fahrverhalten
Nachdem der Zündschlüssel gedreht ist, erwacht ein Sechszylindermotor zum Leben. Traditionell liegt der Motor hinter der hinteren Achse. Das sorgte einst für ein schlaues Fahrverhalten, weil dadurch die Gewichtsverteilung über die vorderen und hinteren Räder nicht gleich war, aber in den heutigen Wagen von Porsche gehören diese Probleme zur Vergangenheit.
Die Steuerung ist ziemlich schwer und äußerst exakt. Außerdem ist der 911 kleiner als seine direkten Konkurrenten, und das macht das Auto merklich kräftiger und fügsamer. Das Fahrgestell ist hart, aber bietet immer noch in gewissem Maße Komfort. In schnellen Kurven hängt das Auto jedoch etwas über, bei voller Beschleunigung kommt der 911 besser aus den Federn.
Deswegen kann das Fahrgestell mit einem Knopfdruck noch härter gemacht werden. Der 911 Targa gehört zu den wenigen Autos, wobei der Effekt eines derartigen Sportknopfs tatsächlich spürbar ist. Im Sportmodus gibt das Auto sofort mehr Feedback und legt sich mit mehr Vertrauen in die Kurven.
In den meisten Fällen wird die Sportstellung bevorzugt, aber auf Straßenschäden ist das Fahrgestell so hart, dass die Insassen fast aus dem Auto geschleudert werden; es ist also gut, dass der Fahrer die Wahl hat.
Mit der Einführung dieser neuen Generation 911 Targa ist Allradantrieb standard geworden. Das ist ein großer Beitrag für die Sicherheit bei extrem schlechtem Wetter. Die meisten Testkilometer wurden bei starkem Regen gefahren; dank Allradantrieb kann auch dann die volle Motorleistung genutzt werden. Durch den Allradantrieb kann der 911 Targa die Leistung unter allen Umständen sicher und vor allem optimal auf die Straße bringen.
Motor
Und der 3.8-Liter-Sechszylinder bietet genügend Leistung. Der neue 911 Targa liefert standardmäßig 325 PS; das Testauto ist eine S-Ausführung und hat 355 PS.
Die Leistung wird durch ein (optionales) 5-Gang Tiptronic Schaltgetriebe auf die Räder gebracht. Tiptronic kann sich wie einen Vollautomat verhalten oder lässt den Fahrer mit Knöpfen am Lenkrad schalten. An beiden Seiten des Lenkrads sind je ein Plus- und ein Minusknopf zu finden, damit jeweils der nächsthöhere oder -niedrigere Gang gewählt werden kann. Da der Plus-Knopf größer ist als der Minus-Knopf, kann auch bei gedrehtem Lenkrad ertastet werden, was wo ist. Die Automatik ist alltagstauglich und fühlt sich gut an, wenn der Fahrer spielen will.
Normalerweise hört sich der Boxermotor rau aber angenehm an. Es ist, als ob Louis Armstrong hinter den Vordersitzen zufrieden seine Lieder summt. Wenn das Gaspedal tiefer eingedrückt wird, ändert sich das Geräusch von heiser und zufrieden plötzlich in brutal und mächtig. Die Leistungen sind ausgezeichnet, aber beispielsweise der Sprint von 0 bis 100 in 4,9 Sek. ist so einfach, dass die Sensation ausbleibt.
Sport
Deswegen kann der Motor, genau wie das Fahrgestell, mit einem Sportknopf gekitzelt werden. Wenn der 911 Targa dann provoziert wird, ändert sich "a wonderful world" vom einen Moment zum nächsten in eine höllische Maschine, die brüllend und tobend zum Angriff übergeht. Vor allem mit geöffnetem Dach (und im Tunnel!) macht der Motor Geräusche, von welchen man spontan Gänsehaut bekommt.
Jetzt ist der 911 Targa in Angriffsmodus, und die Leistungen sind erschlagend. Der Horizont kommt Besorgnis erregend schnell näher, ab 120 km/h kommt automatisch ein Heckspoiler hoch, und andere Wagen scheinen stillzustehen. Wie es sich gehört bei einem Auto wie diesem, fühlt der Fahrer sich gleichzeitig fast unbesiegbar und mit eingebauter Vorfahrt ausgestattet.
Als das Auto am Ende der Probefahrt betankt wird, läuft ein Mann bewundernd um den 911 Targa herum. Er sagt: "Ich bewundere Ihr Auto, das ist immer mein Jugendtraum gewesen". Sie sind nicht der Einzige.
Fazit
Bringt eine unendliche Weiterentwicklung eines bestehenden Modells den perfekten Sportwagen, oder ist der neue 911 Targa alter Wein in neuen Schläuchen? Die Antwort ist das erstere. Der 911 Targa vereint die jahrelange Erfahrung von Porsche in einem neuen Modell.
Die Kommunikation zwischen Auto und Fahrer, das Fahrverhalten, die Wirkung, die Sitzposition: es stimmt alles. Dank Allradantrieb kann jeder sorglos mit diesem sehr schnellen Sportwagen fahren. Das Targa-Dach bietet eine Menge extra Fahrvergnügen, wenn die Sonne sich auch mal kurz sehen lässt.
Während der 911 Targa 4S ein Sportwagen erster Klasse ist, ist das Auto doch alltagstauglich. Der leistungsbezogene Atlet ist bei allen Wetterverhältnissen sicher, bietet genug Komfort, und sogar an den benötigten Laderaum ist gedacht worden. Kurz gesagt: Mit dem Porsche 911 Targa geht ein Jugendtraum in Erfüllung.
- Sehr schnell
- Alltagstauglich
- Kleine ergonomische Fehler
- Mäßig klingendes Audiosystem
- Fenster beschlagen leicht (auch mit Klimaanlage)