Datum der Veröffentlichung: 6 Juni 2017
Opel Ampera-e
Autotest

Opel Ampera-e

Der letzte Tropfen

Autotest - Elektroautos sind für Umweltschützer und Geizhälse. Zumindest ist das die vorherrschende Meinung. Indem die Technik verbessert wurde, um damit praktische Einwände gegen elektrisches Fahren zu beseitigen, will Opel das Elektroauto genauso gewöhnlich machen wie einen Benziner oder Diesel. Ist das gelungen?

Der "Ampera-e" ist die zweite Generation des Ampera. Der erste Ampera war ein großer Firmenwagen, und daraus ergab sich, dass das Modell vor allem für geschäftliche Fahrer, die viel unterwegs sind, finanziell von Vorteil ist. Laut Opel ist das Elektroauto nun bereit für die breite Öffentlichkeit, und deshalb ist der neue Ampera-e ein kompaktes, aber großes Familienauto.

Raum

Da der Ampera-e als Elektroauto konzipiert ist (es ist kein bestehendes Modell, das später angepasst wurde), konnte der Innenraum optimal genutzt werden. Die Batterien befinden sich unter dem Auto, der Gepäckraum ist deswegen mit anderen Autos dieses Formates vergleichbar.

Opel Ampera-e

Weil aber ein Elektromotor viel weniger Platz braucht als ein Verbrennungsmotor, ist der Motorraum kleiner. Damit bleibt mehr Platz im Innenraum. Der Platz vorne ist daher gut. Der Sitz ist etwas höher als durchschnittlich, für einen leichten Zugang und guten Überblick im Verkehr.

Dank einer Konstruktion mit »schlanken« Sitzen bleibt auf dem Rücksitz viel Kopf- und Beinfreiheit. Auch Erwachsene sitzen hinten bequem. Ein Nachteil dieses Ansatzes besteht darin, dass Opels berühmte ergonomische Sitze der »Gesellschaft für den gesunden Rücken« für den Ampera-e nicht lieferbar sind.

Ausrüstung

Der Opel Ampera-e wurde in Zusammenarbeit mit der amerikanischen Marke Chevrolet entwickelt, welche das Auto unter dem Namen »Bolt« auf dem Inlandsmarkt verkauft. Der Vorteil dieser Zusammenarbeit ist, dass das Auto schnell und relativ kostengünstig entwickelt werden konnte. Der Nachteil ist, dass die verwendeten Materialien die und Qualität nach europäischen Standards unzureichend sind.

Darüber hinaus werden die charakteristischen Opel-Techniken nur in »verkleinerter« Form zur Verfügung stehen. Zum Beispiel kann der Opel das Fernlicht für maximale Sicht automatisch bedienen, ohne den Gegenverkehr zu blenden. Dieses System jedoch ist viel einfacher (statt Xenon-LED) als beispielsweise beim Astra.

"OnStar" ist ein Assistent (Mensch, kein Computer!), der auf Anfrage bei der Routenplanung helfen oder bei einem Unfall Einsatzkräfte rufen kann. Da jedoch beim Ampera-e kein Navigationssystem vorgesehen ist, ist OnStar weniger wirksam. So wird für die Navigation im Ampera-e ein Smartphone mit Android oder Apple Carplay Auto benötigt.

Getreu dem Opel-Standard ist jedoch das "Opel Eye" verfügbar. Dieses fährt mit dem Fahrer mit und warnt oder greift bei Gefahr ein.

Opel Ampera-e

Reichweite

Der Opel Ampera-e ist als normales Auto gedacht, nicht als Spielzeug für die modernen Kunstliebhaber. Jeder, der das möchte, kann einen umfassenden Einblick in die Funktionen aller Systeme bekommen; wem es egal ist, der kann all diese Informationen problemlos ignorieren.

Dennoch sind einige Dinge logischerweise anders als bei herkömmlichen Autos. Es gibt keinen Drehzahlanzeiger, es wird aber gezeigt, wieviel Energie verbraucht wird. Anstelle einer Tankanzeige, gibt es eine Batterieanzeige, die auch die verbleibende Reichweite zeigt.

Opel Ampera-e

Eine begrenzte Reichweite ist die Schwäche von Elektroautos, und der Hauptgrund warum Elektroautos bisher nicht an bei der breiten Öffentlichkeit durch gebrochen sind. Bis jetzt konnten bezahlbare Elektroautos durchschnittlich 150 bis 200 Km fahren bei einer vollen Batterie. Nur äußerst wertvolle Exemplare holen 400 Km.

Opel Ampera-e

Opel setzt diesem Problem jetzt ein endgültiges Ende, weil der Ampera-e 520 km mit einer vollen Batterie fahren kann (zu Hause aufgeladen oder bei einem öffentlichen Aufladepunkt), und weil der die Reichweite ähnlich der eines durchschnittlichen Benzinautos ist. Die 520 km sind allerdings ein theoretischer Wert (NEFZ-Norm), der dazu dient, eine Reihe von Elektroautos untereinander zu vergleichen.

In der Praxis kann der Ampera-e 300 bis 400 km mit einer vollen Batterie fahren. Dies ist abhängig von Fahrstil, Wetterbedingungen und der Verwendung von Systemen wie Heizung oder Klimaanlage. Während einer langen Testfahrt, bei der nicht auf den Fahrstil geachtet wurde, konnten 320 km mit vorheriger voller Aufladung erreicht werden. Bei einer sparsamen Fahrt, wobei ruhig und reibungslos gefahren wurde, ohne dass die Klimaanlage eingeschaltet wurde, konnten 400 km reicht werden.

Opel Ampera-e

Wie bei jedem anderen Elektrofahrzeug kann der Ampera-e während der Fahrt Energie zurückgewinnen. Besonders ist hier jedoch, dass der Fahrer des Ampera-e wählen kann, wieviel Energie zurückgewonnen werden soll. So kann das Auto einfach rollen, wenn das Gaspedal (maximale Lauflänge) losgelassen wird, etwas einhalten (ein wenig aufladen) oder so stark einhalten, dass es dem Bremsen sehr ähnlich ist (maximale Energierückgewinnung). Wer diese Möglichkeiten vernünftig zu benutzen weiß, kann deutlich wirtschaftlicher fahren.

Leistungen

Der Testfahrer hat sich während der Fahrt keine Sorgen über die verbleibende Batteriekapazität gemacht. Somit konnte er sich wie bei jedem anderen Testwagen vollständig auf die Handhabungseigenschaften konzentrieren. Und dann stellte sich heraus, dass dieser Opel weit besser ist als alle Konkurrenten mit einem ähnlichen Preisschild!

Opel Ampera-e

Ein Elektromotor ist vom ersten Moment an imstande, die volle Leistung zu liefern, während ein Verbrennungsmotor dazu erst beschleunigen muss. Der Ampera-e ist daher unglaublich geschmeidig und natürlich sehr leise (nur die Reifen sind deutlich hörbar). Die Fahrt mit dem Ampera-e bietet ein entspanntes und gleichzeitig ein überlegenes Gefühl, das ansonsten nur großen Limousinen vorbehalten ist.

Gleichzeitig kann dieser kompakte Opel unglaublich schnell sein. Insbesondere die Zwischenbeschleunigungen sind beeindruckend; der Ampera-e sprintet von 80 auf 120 km/h zum Beispiel schneller als ein Opel Astra OPC.

Straßenlage

Das Fahrgestell ist schön steif (abgestimmt auf den europäischen Geschmack), während das beachtliche Gewicht der Batterien (430 kg) die notwendige »Gegenkraft« zur Verfügung stellt. Dies macht den Ampera-e schön ausgewogen und verleiht dem Fahrzeug ein äußerst ruhiges Gefühl.

Die Straßenlage ist sehr gut und dank der sorgfältigen Abstimmung von Fahrwerk, Reifen und dem Lenkgefühl fühlt der Ampera-e sich weniger plump an als bei Elektroautos üblich. In dieser Hinsicht ist der Ampera-e bereit für die breite Öffentlichkeit. Stellen Sie sich darauf ein, Ihren letzten Tropfen Benzin oder Diesel zu tanken!

Opel Ampera-e

Fazit

Hat Opel es geschafft, elektrisches Fahren genau so alltäglich zu machen wie Fahren mit Benzin oder Diesel? Ja, zweifellos. Der Opel Ampera-e nimmt die letzten Einwände gegen elektrischen Antrieb weg. Die Reichweite und der Preis sind vergleichbar mit einem Benziner, sie beendet den eingeschränkten Einsatz von Elektroautos.

Darüber hinaus fährt der Opel Ampera-e einfach besser als herkömmliche Autos. Der Ampera-e ist schnell, leise, wendig und komfortabel. Auch bietet der Ampera-e viel Platz im Inneren in bescheidenen Dimensionen und eine reiche Ausstattung mit großer Aufmerksamkeit auf aktive Sicherheit (Verhinderung von Unfällen).

Kurz gesagt, der Ampera-e ist der letzte berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Mit dem Opel Ampera-e wird elektrisches Fahren so normal wie das Fahren mit Benzin oder Diesel.

plus
  • Geräumig und praktisch
  • Komfortabel, leise, schnell und sauber
  • Große Reichweite zu einem realistischen Preis
minus
  • Wenig Gefühl im Bremspedal
  • Kein eingebautes Navigationssystem lieferbar
  • Hohes Chevrolet, gefühlt weniger Opel-Qualität