Datum der Veröffentlichung: 7 März 2018
Nissan Leaf
Autotest

Nissan Leaf

Stille Revolution

Autotest - 2011 war ein memorabeles Jahr in der Autoindustrie. Da entfesselte Nissan eine Revolution, indem es das erste erschwingliche und massenproduzierte Elektroauto einführte: den Leaf. Jetzt, im Jahr 2018, ist es Zeit für ein komplett neuer Leaf. Wird Nissan eine weitere Revolution entfesseln?

Bis 2011 waren Elektroautos vor allem für Weltverbesserer und Technikliebhaber gedacht. Der Nissan Leaf war das erste vollwertige Familienauto, das trotz Elektroantrieb ein sehr durchschnittlicher Preis hatte.

Schon bald aber... folgten andere Marken! Renault veröffentlichte den Zoe: ein kompaktes Elektroauto mit einem ebenso "kompakten" Preis. Opel hat mit dem Ampera-e der begrenzten Reichweite von Elektroautos ein Ende gesetzt. Tesla machte Elektroautos modern und begehrenswert.

Nissan Leaf

Einfach Elektrisch

Wie kann Nissan jetzt noch für eine Revolution sorgen? Nicht! Der Zweck des neuen Leaf ist genau das Gegenteil: Elektroautos für die größtmögliche Zielgruppe zugänglich zu machen. Trotz der Tatsache, dass diese zweite Generation auf der Grundlage des ersten gebaut wurde, ist das Erscheinungsbild völlig anders. Zuvor hatte der Leaf ein futuristisches Aussehen, während der neue Leaf wie ein ganz gewöhnliches Familienauto aussieht.

Der Innenraum entspricht in etwa dem des ersten Leaf, aber weil alle Autos moderner geworden sind, ist der Leaf nun eher gewöhnlich. Darüber hinaus erzeugen eher traditionelle Farben und Materialien ein weniger ausgeprägtes Erscheinungsbild. Und während immer mehr Marken analoge Uhren durch ein Display ersetzen, macht Nissan das Gegenteil: Das analoge Tacho kehrt zum Leaf zurück. Die Bildschirme die es gibt aber, haben ein chaotisches Layout und eine niedrige Auflösung.

Nissan Leaf
Nissan Leaf

Da der Leaf von der Basis aus wie ein Elektroauto konstruiert wurde, konnten die Batterien im Boden verarbeitet werden und so blieb viel Platz im Innenraum. Der Platz vorne ist gut, aber der Sitzhaltung hinter dem Lenkrad kann ein wenig unangenehm sein. Das Lenkrad ist zwar höhenverstellbar, jedoch nicht in der Entfernung zum Fahrer. Der Platz auf der Rückseite ist nicht mehr als durchschnitlich. Auf der anderen Seite ist aber der Kofferraum riesig.

Ausstattung

Der neue Leaf bietet alle Luxus- und Sicherheitsvorkehrungen, die man von einem Auto in diesem Preissegment erwarten kann. Nissan jedoch schwärmt geradezu von dem "ProPilot". Damit kann der Leaf bis zu einem gewissen Grad selbst beschleunigen, bremsen und lenken. Allerdings: viele andere Autos tun das bereits auch! Der Hauptunterschied ist, dass Nissan es unter einem angenehm akzeptablen Nenner bündelt.

Nissan Leaf

In der Praxis funktioniert ProPilot genauso gut wie ähnliche Systeme anderer Marken. Auf einfachen Strecken mit wenig Verkehr und deutlich sichtbaren Markierungen auf der Fahrbahn konnte der Leaf lange Zeit völlig autonom fahren. Der Gesetzgeber lässt dies jedoch noch nicht zu und so erinnert das System den Fahrer nach einigen Sekunden daran wieder die Kontrolle über das Lenkrad zu übernehmen. ProPilot ist daher in erster Linie ein "Co-Pilot". das gibt dem Fahrer buchstäblich und im übertragenen Sinne einen Schub in die richtige Richtung. Der ProPilot funktioniert gut und in diesem Sinne ist das System den Mehrpreis sicherlich wert.

Strassenlage

Das Handling des Nissan Leaf lässt sich am besten wie folgt zusammenfassen: Standard. Wie bei Elektroautos üblich, ist das Gewicht der Batterien entscheidend für die Strassenlage. Weil diese tief und mittig im Auto verbaut sind, ist der Leaf sehr stabil. Außerdem verleiht das Gewicht dem Leaf eine gewisse "Größe", was das Auto noch komfortabler macht.

Nissan Leaf

Die Lenkung wirkt weder ausgesprochen direkt noch indirekt und das Fahrwerk ist nicht hart oder weich ausgeprägt. Der Leaf hat wenig Charakter, spricht aber die größtmögliche Zielgruppe an.

Leistungen

Eine Innovation, die Nissan stolz präsentiert, ist das "e-Pedal". Indem das Strompedal ("Gaspedal" ist jetzt ein veralteter Begriff) eingetreten wird, beschleunigt der Leaf, beim loslassen bremst er. So funktionieren jedoch alle Elektroautos! Durch die Freigabe des aktuellen Pedals kann kinetische Energie, die bei herkömmlichen Autos verloren geht, in Form von Elektrizität wiedergewonnen werden. So sparen Elektroautos Strom und erhöhen ihre Reichweite.

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Wie bei dem " ProPilot " ist der einzige Unterschied, dass Nissan es einen schönen Namen gegeben hat und das Konzept weiter entwickelt hat. Wenn das Bremspedal plötzlich losgelassen wird, hält der Leaf nicht nur an, sondern das Auto kann sogar zum völligen Stillstand kommen. Auf diese Weise ist das Bremspedal (fast) überflüssig und kann mit einem Fuß gefahren werden. Darüber hinaus funktioniert das E-Pedal in der Praxis noch besser als vergleichbare Systeme in anderen Elektroautos; so gut, dass es aussieht alsob der Leaf "fühlt" was der Fahrer will.

Der Elektromotor ist gut für 150 PS / 320 Nm und somit ist der Leaf flot und spritzig. Wie bei jedem anderen Elektroauto kann der Leaf problemlos mithalten, wo kein Benzin- oder Dieselauto mithalten kann. Aber ... der neue Leaf macht das noch leiser als andere Elektroautos! Selbst bei hoher Geschwindigkeit sind die Geräusche von Reifen und Antrieb gleich Null; nur der Fahrtwind ist leise hörbar.

Reichweite

Außerdem ist der Leaf auch sparsamer als andere Elektroautos. Eine hastige Fahrt auf der Autobahn kostete 18 kWh / 100 km. Eine ruhigere Fahrt mit Straßen und Stadtverkehr kostet 16 kWh / 100 km und damit ist der Leaf noch sparsamer als kleinere Elektroautos. Mit anderen Worten: Der Leaf verdient sich noch schneller zurück.

Nissan Leaf

Vorläufig ist der Leaf nur mit einer 40 kWh starke Batterie verfügbar (eine Version mit 60 kWh wurde angekündigt). Nach dem NEDC-Standard hat der Leaf eine Reichweite von 378 km. Die verschiedenen Testfahrten ergaben eine Reichweite von ca. 230 bis 250 km. Es ist zu beachten, dass bei sehr niedrigen Temperaturen im Sommer eine deutlich höhere Reichweite erwartet wird.

Obwohl fast alle neuen Elektroautos über einen sogenannten "type 2" oder "ic"-Stecker verfügen, hält sich Nissan an die Japanische " ChaDeMo " Stecker. "Weltweit ist der Nissan Leaf das meistverkaufte Elektroauto, deshalb setzen wir den Standard" laut einem Nissan-Sprecher. Das Laden kann zu Hause an der Steckdose, auf der Straße an einer öffentlichen Ladestation (8 Stunden) oder entlang der Autobahn mit einem Schnellladegerät (45 Minuten) erfolgen.

Ein Test am Schnelllader zeigt, dass der Leaf sauber "linear" lädt (ohne grosse Schwankungen) und akzeptiert leicht 45 kWh. Das ist ein exzellenter Wert, zumal die Batterien kein aktives Temperaturmanagement haben. Während des Ladevorgangs informiert der Bordcomputer über den Ladevorgang. Zum Beispiel weiß der Fahrer nicht nur, wie lange der Ladevorgang dauert, sondern auch, wie viel Leistung der Ladepunkt genau liefert. Mit dieser Information kann zum Beispiel entschieden werden, eine andere Verbindung zu wählen, wenn viele Autos gleichzeitig laden. Selbstverständlich bietet Nissan auch eine App an, mit der der Ladevorgang per Fernzugriff überwacht werden kann.

Nissan Leaf
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Fazit

Nachdem der erste Nissan Leaf 2011 eine echte Revolution entfesselt hatte, ist es leicht, den zweiten Leaf negativ zu beurteilen. Denn für jedem Punkt gibt es jetzt ein (elektrisches) Auto, das etwas besser macht. Es gibt Elektroautos, die billiger, schneller und spannender sind als der neue Nissan Leaf. Und trotz der vielversprechenden Werbespots bietet der neue Leaf keine innovative Technologie, sondern nur bestehende Technologie, die weiterentwickelt wurde.

Und dennoch ist der neue Nissan Leaf mindestens so revolutionair als das Erste! Was der Nissan Leaf 2018 nähmlich macht ist elektrisch Fahren einem größeren Publikum zugänglich machen. Nissan hat die perfekte Balance zwischen Preis, Leistung, Reichweite, Ausstattung und Aussehen gefunden. Der neue Leaf macht die Wahl eines Autos mit Verbrennungsmotor daher noch unlogischer. Indem es elektrisches Fahren gängig macht, sorgt der Leaf einmal mehr für eine Revolution in der Autowelt.

plus
  • Ausserst komfortabel
  • Prima Fahreigenschaften
  • Ausgezeichnetes Preis/Leistungsverhältniss
minus
  • Mässig Platz im Fond
  • Lenkrad nicht telescopisch verstellbar
  • Unordentliche Einteilung auf dem Bildschirm des Bordkomputers