Mini MINI (2006 - 2014)
MINI ganz groß
Die Anziehungskraft sowohl des Original-Mini aus den 70ern als auch des neuen MINI (man beachte die unterschiedliche Schreibweise!) beruht auf der einzigartigen Kombination aus Fahrspaß und Ausstrahlung. Ein Mini ist extravagant und trendy aber gleichzeitig auch bescheiden und klassenlos. Die Fahreigenschaften sind lebendig, herausfordernd und verspielt, aber man kann den Mini auch geruhsam fahren und dann darin genauso komfortabel vorwärts kommen wie in einem Alltagsauto.
Am Versuch, solche Gegensätze unter einen Hut zu bringen, will sich normalerweise kein Hersteller die Finger verbrennen, aber Mini gelingt diese Kombination wie sonst keinem. Auch die neue Generation macht mindestens ebensoviel Spaß wie die alte. Dabei sind die Innereien des Wagens komplett überarbeitet worden. Daher ist der neue MINI auch sechs Zentimeter länger als sein Vorgänger. Im Innenraum oder am Radstand ist davon nichts zu merken, denn der zusätzliche Platz wird komplett für den neuen Motor benötigt.
Turbo!
Unser Test-MINI ist ein "Cooper S", die schnellste Variante des Kleinen. Dessen Vorgänger hatte einen 1,6-Liter-Vierzylinder mit Kompressor (und 163 PS) unter der Haube. Der neue Motor hat den gleichen Hubraum, wird aber noch von einem Turbo unterstützt und kommt so auf 175 PS. Die zusätzliche Leistung macht sich deutlich bemerkbar, der Neue packt richtig an. Der MINI hat einen weiteren großen Vorteil gegenüber anderen schnellen Autos: Er ist nicht nur schnell, sondern lässt einem diese Schnelligkeit auch spüren, was mindestens genauso wichtig ist.
Dank der "Twin Scroll"-Technik kennt der Motor kein Turboloch und liefert über den gesamten Drehzahlbereich ordentlich Leistung. So kann man im Cooper S blitzschnell beschleunigen aber auch schaltfaul vor sich hin gleiten. Außerdem ist der neue MINI deutlich leiser als die letzte Generation. Manche werden das inspirierende Motorengeräusch aber auch vermissen.
Leichtigkeit ist keine Tugend
Der Motor ist standardmäßig mit einem Sechsganggetriebe verbunden, das zu leicht schaltet. Der Rückwärtsgang kann durchaus einmal aus Versehen eingelegt werden, weil dafür nur wenig Kraft erforderlich ist. Was das bedeutet, kann sich jeder selbst ausrechnen. Dadurch wird auch das abrupte Zurückschalten vom dritten in den zweiten Gang schwierig, wenn es einmal schnell gehen muss.
Auch der Bremskraftverstärker ist übereifrig bei der Arbeit, so dass kein Gefühl für die Bremsen aufkommen kann. Kurzes Abbremsen vor der Kurve kann so schnell in einer ungewollten Notbremsung mit blockierenden Rädern enden. Dann greift zwar das ABS ein, um die Lage nicht unkontrollierbar werden zu lassen, aber in einem Supermoped wie diesem ist der Sinn der Sache eben gerade nicht, dass sich alles federleicht bedienen lässt.
Das gilt auch für die Lenkung, obwohl dort durchaus noch Gefühl für die Fahrbedingungen vorhanden ist. So wie sich das gehört ist die Lenkung sehr direkt und ist auch für scharfe Kurven nur geringes Einschlagen nötig. Der Tradition entsprechend sitzen die Räder in den äußersten Ecken, was zusammen mit dem neuen Fahrgestell für eine ausgezeichnete Straßenlage sorgt.
Wenn es an die Grenzen geht sind die Fahreigenschaften neutral und gut einzuschätzen. Die Motorleistung des Cooper S reicht aus, um spektakuläre Rutschpartien zu provozieren, die aber dank des kommunikativen Fahrwerks (und des serienmäßigen ESP) auch einfach wieder aufzufangen sind.
Im Vergleich zum Vorgänger ist der neue MINI deutlich komfortabler. Das geht normalerweise auf Kosten des Fahrspaßes, aber auch der Neue hat einen herausfordernden und fast schon süchtig machenden Charakter.
Innen
Nicht nur die Fahreigenschaften machen den MINI zum Spaßauto, auch das Interieur ist ein Fest. Das Design beruht noch stets auf dem 70er-Jahre Original-Mini, aber heutigen Anforderungen wurde auch Rechnung getragen. Das Interieur wirkt zuverlässig und solide, wie sich das für ein BMW-Produkt gehört. Trotzdem hatten wir beim Testwagen Probleme mit Feuchtigkeit in den Nebelscheinwerfern und scheint die neue Scheinwerferkonstruktion empfindlich und rostanfällig zu sein. Die Windschutzscheibe verläuft immer noch betont steil nach oben. Das gehört zum typischen Outfit, macht die Scheibe aber auch anfälliger für Steinschlag.
Der moderne MINI bietet vorne ausreichend Platz, so dass auch "Maxi"-Fahrer bequem sitzen. Die Sportsitze sind angenehm fest und stützen den Körper gut. Die Positionen von Sitz und Lenkrad laden zu einer aktiven Sitzhaltung ein. Der Platz auf der Rückbank ist gering und nur für kleine Kinder oder Kurzstrecken zu gebrauchen.
Im Vergleich zum letzten MINI ist das Armaturenbrett etwas logischer angeordnet, aber der Ur-Mini dient immer noch als Inspiration. In der Mitte unter der Windschutzscheibe befindet sich ein riesiger Tacho, gegenüber dem eine Bahnhofsuhr glatt verblasst. Das Ding ist größer als je zuvor und beherbergt neuerdings auch einen Verbrauchsmesser und ein Display für die Stereoanlage und den Bordcomputer.
Ein nostalgischer Akzent findet sich in den zahlreichen Kippschaltern wieder. Davon gibt es auch ein paar vor der Windschutzscheibe, die nicht nur das Innenlicht ein- und ausschalten, sondern auch dessen Farbe ändern. Das hat keinerlei Sinn und Zweck, macht aber Spaß. Das ist generell so beim MINI: Er ist bestimmt nicht das beste oder sinnvollste Auto, aber dafür eins der nettesten.
Fazit
Mini hat mit den neuen MINI ein schönes Stück abgeliefert. Zurecht ist am Aussehen nur in Details gefeilt worden. Dank tiefgreifender Änderungen unter der Karosserie ist das Auto komfortabler und erwachsener geworden, ohne seinen verspielten und rebellischen Charakter zu verlieren. Die Leichtgängigkeit von Schaltung, Bremsen und Lenkung werden Viele allerdings nicht als Fortschritt empfinden. Straßenlage und Motorleistung haben sich hingegen ernsthaft verbessert.
Ist es also Zeit, den alten MINI einzutauschen? Wer viel fährt, wird die großzügige Ausstattung und das komfortablere Fahrgestell zu schätzen wissen. Wer noch keinen MINI besitzt, hat jetzt einen Grund mehr, eine Probefahrt zu machen. Der MINI ist damit einen Schritt näher dran, eine echte Alternative zum normalen Mittelklassewagen zu sein, während der Spaßfaktor noch weiter steigt.
- Komfortabel, aber mit viel Fahrspaß
- Geschmeidiger, aber lebendiger Motor
- Verspielt, aber kein zerbrechliches Spielzeugauto
- In manchen Punkten nur mäßig verarbeitet
- Rückwärtsgang leichter einzulegen als der erste Gang