Datum der Veröffentlichung: 13 Juli 2019
Mercedes-Benz EQC
Autotest

Mercedes-Benz EQC

Ein neuer Anfang

Autotest - Die Zukunft ist elektrisch, daran gibt es keinen Zweifel. Die Automobilhersteller legen sie jedoch sehr unterschiedlich aus. Mercedes-Benz hat dafür eine neue Untermarke geschaffen. Unter der Bezeichnung "EQ" wird das Unternehmen eine komplette Linie von Elektroautos entwickeln, die unabhängig von den bestehenden Modellen ist. Das erste der EQ-Modelle feiert nun sein Debüt: der Mercedes-Benz EQC.

Das EQ-Label ist nicht als Experiment oder zur Präsentation technischer Wunderwerke gedacht. Mercedes-Benz will tatsächlich auf Elektroautos umsteigen. Deshalb ist das erste EQ-Modell ein mittelgroßer Geländewagen (SUV), die derzeit beliebteste Fahrzeugkategorie. Unter der Haube basiert der EQC auf dem Mercedes-Benz GLC, der seinerseits mit Blick auf den Elektroantrieb konzipiert wurde.

Mercedes-Benz EQC

In puncto Design unterscheidet sich der EQC von den anderen Modellen von Mercedes-Benz. Seine Linienführung ist so fließend, dass dieser große SUV wie ein Coupé aussieht. Das Design verleiht dem EQC nicht nur ein modernes Aussehen, sondern verbessert auch seine Stromlinienform (für weniger Kraftstoffverbrauch und Fahrgeräusche). Mercedes-Benz hat sich nicht für versenkte Türgriffe oder virtuelle Außenspiegel entschieden, in dieser Hinsicht ist der EQC weniger progressiv.

Raum und Ausstattung

Da der EQC als Elektroauto konzipiert wurde, konnten die Batterien in den Boden eingebaut werden, und der Innenraum ähnelt dem eines herkömmlichen SUV. Das Platzangebot vorne ist gut, die Sitze sind hoch und vermitteln ein kraftvolles Gefühl. Der Platz im Fond ist gerade noch ausreichend, auch dank der cleveren Form der Rückseite der Vordersitze. Der Gepäckraum ist durchschnittlich für ein Auto dieser Größe. Im Gegensatz zu anderen Elektroautos hat der EQC keinen Stauraum unter der Motorhaube.

Mercedes-Benz EQC
Mercedes-Benz EQC

Die Atmosphäre im Innenraum ist typisch Mercedes-Benz: warme, hochwertige Materialien, durchsetzt mit moderner Technik. Der EQC vermittelt also keineswegs das Gefühl eines Fahrzeugs aus der Zukunft oder eines Computers auf Rädern. Trotz der Tatsache, dass sich die Displays von hinter dem Lenkrad bis zur Hälfte des Armaturenbretts erstrecken, fühlt sich der EQC so vertraut an wie jeder andere moderne Mercedes-Benz.

Dies ist zum Teil auf die intuitive Steuerung zurückzuführen. Der Fahrer entscheidet, wie und wo welche Informationen angezeigt werden, nicht der Fahrzeughersteller. Und der Fahrer hat die Wahl, die Systeme mit Touchpads am Lenkrad, mit einem Touchpad in der Mittelkonsole oder durch Berühren der Bildschirme zu bedienen. Darüber hinaus akzeptiert das System Sprachbefehle, die völlig frei formuliert werden können (Beispiel: "Wo ist die nächste Ladestation?"). Wie andere Mercedes-Benz Modelle kann auch der EQC optional mit einem hervorragend klingenden Audiosystem des Spezialisten Burmester ausgestattet werden.

Straßenlage

Einen SUV zu entwerfen ist schon schwierig genug. Aufgrund seiner hohen Bauweise hat ein solches Auto einen hohen Schwerpunkt und daher ein schlechtes Fahrverhalten. Bei einem Elektroauto kommt noch ein weiteres Problem hinzu: Die Batterien sind schwer und viele Elektroautos fühlen sich daher auch schwer an. Durch den Einbau der Batterien in den Boden ist das Problem des hohen Schwerpunkts leicht zu lösen. Das Gewicht eines Elektroautos zu verschleiern, ist jedoch viel schwieriger.

Mercedes-Benz EQC

Genau an dieser Stelle fällt auf, dass es sich zwar um das erste EQ-Modell, aber keineswegs um den ersten Mercedes-Benz mit Elektroantrieb handelt. Vom ersten Moment an fühlt sich der EQC wendig, kompetent und stabil an. Um dies zu erreichen, greift Mercedes-Benz nicht auf ein knallhartes Fahrwerk zurück, denn der EQC ist auch ein äußerst komfortables Auto. Bei ruhiger Fahrweise ist der EQC großartig, komfortabel und so beruhigend wie zum Beispiel eine Mercedes-Benz S-Klasse. Bei sportlicher Fahrweise ist der 2,4 Tonnen schwere SUV erstaunlich scharf. Nur beim starken Bremsen verrät der EQC sein Gewicht. Was die Geländetauglichkeit dieses SUVs angeht, macht es sich Mercedes-Benz einfach: Der Hersteller verliert kein Wort darüber, und es wurde auch nicht getestet.

Dank seiner harmonischen Proportionen verrät der EQC seine Größe kaum, aber in der Stadt und in engen Parklücken ist er ein wirklich großes Auto. Kameras rundherum erleichtern das Manövrieren erheblich. Die A-Säule ist prominent im Blickfeld, und daran kann auch die moderne Elektronik wenig ändern.

Leistung

Ein Elektromotor ist einem Verbrennungsmotor von Natur aus überlegen, da letzterer nur bei einer bestimmten Drehzahl optimal arbeitet, während ein Elektromotor immer stark und gleichmäßig läuft. Ein Elektroauto braucht also kein Getriebe, und mit der Software bestimmt ein Autohersteller den Charakter des elektrischen Antriebsstrangs. Dabei besteht die Herausforderung darin, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Leistung und Reichweite zu finden.

Mercedes-Benz EQC

Letzteres tut Mercedes-Benz, indem es dem Fahrer alle Möglichkeiten bietet, wirtschaftlich zu fahren und sogar Energie zurückzugewinnen. Bei den Leistungen gibt es nur eine Einschränkung: Die Höchstgeschwindigkeit ist auf 180 km/h begrenzt, aber die Sprintleistung ist maximal. Mit einer Giftigkeit, die sonst nur Elektroautos vorbehalten ist, startet der EQC daher gnadenlos (auf nasser Fahrbahn muss der Allradantrieb "4Matic" alle Register ziehen, um ein Durchdrehen der Räder zu vermeiden). Im Gegenteil, bei ruhiger Fahrweise verwöhnt der EQC mit einer Gelassenheit und Raffinesse, die kein Verbrennungsmotor bieten kann. Der EQC fährt so leichtfüßig, dass 30 km/h genauso viel Kraft kosten wie 130 km/h. Das Erklimmen eines steilen Hügels ist ohne jede Anstrengung möglich. Damit beweist der EQC einmal mehr eine größere Überlegenheit als die konventionell angetriebenen Modelle von Mercedes-Benz.

Jedes Elektroauto gewinnt beim Bremsen oder Gaswegnehmen Energie zurück. Mit Hebeln hinter dem Lenkrad bestimmt der Fahrer des EQC, wie viel Energie zurückgewonnen wird. Auf der Autobahn ist es schön, lange zu rollen ("segeln"), aber kaum Energie zurückzugewinnen. In der Stadt kann man sich für starke Verzögerung und maximale Energierückgewinnung
entscheiden. Im letztgenannten Modus hält der EQC beim Loslassen des Gaspedals so stark zurück, dass das Bremspedal nicht mehr betätigt werden muss und mit einem Pedal gefahren werden kann. Wer sich nicht mit der Energierückgewinnung beschäftigen möchte, kann dies dem Computer überlassen. Mit Hilfe des Radars kann der EQC den Abstand zu anderen Verkehrsteilnehmern messen, und aus den Daten des Navigationssystems ermittelt der Computer die Verkehrssituation (kommt eine Kreuzung oder eine scharfe Kurve?). Diese Daten werden dann verwendet, um automatisch zu bremsen und die maximale Energie zurückzugewinnen.

Mercedes-Benz EQC

Reichweite und Aufladung

Nach Angaben von Mercedes-Benz kann der EQC mit einer vollen Batterie (80 kWH Lithium-Ionen) 417 km weit fahren (WLTP-Norm). Bei der Testfahrt wurden 365 km mit einer vollen Batterie zurückgelegt. Dies geschah auf einem anspruchsvollen Kurs, bei widrigen Wetterbedingungen und unter Verwendung von Energiefressern wie der Klimaanlage. Während der Fahrt liefert der EQC klare Informationen über die verbleibende Reichweite. Bei der Reiseplanung wird sogar die Art der Landschaft berücksichtigt, so dass eine Fahrt durch die Berge nicht zu unangenehmen Überraschungen führt.

Die Ladestation des EQC befindet sich an der einzig richtigen Stelle: am rechten Heck. Das bedeutet sicheres Parken (im Rückwärtsgang) zum Laden und keine Ladekabel am Straßenrand, die vom vorbeifahrenden Verkehr getroffen werden können. Das Aufladen von 10 auf 100 % mit einer "Wallbox" (7,4 kW mit 16 A pro Phase oder 32 A pro Phase) dauert 11 Stunden. Das Aufladen von 10 auf 80 % mit einem Schnellladegerät dauert 40 Minuten.

Für den Test wurde Letzteres versucht. Für die Einführung neuer Elektroautos arbeiten mehrere Automobilhersteller, darunter Mercedes-Benz, an einem Netz von Schnellladestationen mit der Bezeichnung "Ionity". An einem Ionity-Ladegerät konnte der Testwagen mit einer Leistung von 102 kW aufgeladen werden, was mehr als genug für einen durchschnittlichen Kaffeestopp ist, um anschließend Hunderte von Kilometern zurückzulegen.

Mercedes-Benz EQC

Schlussfolgerung

Viele Automarken stellen ihr erstes Elektroauto vor. Mercedes-Benz führt nicht nur neue Autos ein, sondern auch eine neue Untermarke. Der "EQC" ist das erste Modell dieser Art. Der EQC ist zwar das erste EQ-Modell, aber sicher nicht das erste Elektroauto von Mercedes-Benz, und das macht einen großen Unterschied.

Da Mercedes-Benz bereits über umfangreiche Erfahrungen mit Elektroautos verfügt, ist der EQC frei von Anfängerfehlern, die andere Marken machen. Das betrifft so einfache Dinge wie den Standort der Ladesteckdose und die Lieferfähigkeit des Autos. Sie sorgt auch dafür, dass der EQC in jeder Hinsicht über seine Wettbewerber und die traditionellen Modelle von Mercedes-Benz hinausgeht.

Bei ruhiger Fahrt ist der EQC sogar noch großartiger und kultivierter als der komfortabelste Mercedes-Benz. Gleichzeitig ist der EQC bei sportlicher Fahrweise ausgesprochen scharf und bissig schnell. Der EQC kann traditionell, aber auch mit Einzelpedal gefahren werden. Der Fahrer kann alle Technologien ignorieren und den EQC wie ein normales Auto fahren, oder er kann sich dafür entscheiden, alle Hilfsmittel zu nutzen und das Beste aus dem Auto herauszuholen. Dann ist der EQC ein Fahrvergnügen, bei dem der Elektroantrieb keine Herausforderung darstellt, sondern das Auto in jeder Hinsicht auf die nächste Stufe hebt. EQ hätte sich keinen besseren Start wünschen können.

plus
  • Scharf und bösartig schnell
  • Groß, anspruchsvoll und komfortabel
  • Modernes Infotainment und teilautonome Funktionen
minus
  • A-Säule behindert die Sicht
  • Spürbar schwer beim Bremsen
  • Platz im Fond gerade ausreichend