Datum der Veröffentlichung: 7 Juni 2004
Kia Picanto (2004 - 2011)
Autotest

Kia Picanto (2004 - 2011)

Pikantes Angebot

Autotest - Die Kia-Händler waren in Aufregung. Ihre größte Erfolgsnummer, der "Pride", wurde vom koreanischen Hersteller aus dem Lieferprogramm genommen. Kia hielt nicht mehr in der kleinsten Klasse mit und die Verkäufer sahen mit schielenden Augen, wie der Kunde zur Konkurrenz lief. Aber jetzt präsentiert Kia den Picanto, ein neuer, kleiner Kia, bei dem sofort jeder Kummer vergessen sein wird.

Als "kleinster Kia" ist der Picanto bestimmt kein minderwertiges Auto. Der Newcomer sieht großzügig aus und am besten kann man ihn mit einem mini MPV vergleichen. Auch innen hat man beim Picanto nicht den Eindruck eines kleinen Autos. Der Abstand bis zur Windschutzscheibe ist groß, der Platz rundum die Vordersitze ist enorm und die Insassenen haben ein deutliches Freiheitsgefühl.

Alles geht auf das Konto der Kia-Konstruktionsabteilung, weil der Picanto durchaus ebenso groß, wie die viel kleiner aussehenden Kleinen der Konkurrenz ist, was auch seine Abbildung in den Zahlen findet. Das erklärt auch, warum der Platz auf der Rücksitzbank und im Kofferraum nicht überdurchschnittlich punkten kann. Sehr handlich ist der Doppelboden unter dem Kofferraum, wo, in kleine Fächer ordentlich verteilt, auch kleines Gepäck sicher aufbewahrt werden kann.

Kia Picanto (2004 - 2011)

Ausstattung und Verarbeitung

Man findet die Vollwertigkeit der Ausstattung und der Verarbeitung wieder. Um mit dem letzten zu beginnen: früher konnte man sehr gut herausfinden, warum ein Kia so günstig war. Der Hersteller bot alles an, was im Alltagsgebrauch notwendig war, aber hat dort gestoppt, wo echter Luxus begann. Eine sehr gute Wahl für denjenigen, der nur nach einem Transportfahrzeug von A nach B sucht. Aber mit dem Picanto ist absolut unklar, wo Kia den Vorteil erzielen kann.

Die Verarbeitung ist tadellos und man hat auch an Details nicht gespart, z.B. die kleinen Sachen wie: eine Stütze für den linken Fuß, ein Fach für die Sonnenbrille (ab der EX-Ausführung) und raffinierte Lautsprecherplatzierungen(ab der EX-Ausführung) für einen sehr guten Stereoklang. Die Details gefallen, aber was nutzt das, wenn man den Fuß nicht rauskriegen und die Sonnenbrille nicht finden kann oder trotzdem schlechten Klang hören muss. Dadurch erfährt man das ganze Auto automatisch als weniger positiv. Der Picanto erweckt bereits ab der ersten Minute einen positiven Eindruck.

Blau

Diesen positiven Eindruck verstärkt das Design des Innenraums, wo die Lackfarbe als zurückkehrendes Thema verwendet wird. Man sollte es jedoch nicht mit reinem Metall im Innenraum verwechseln. Die Innenseite ist bis zum letzten Zentimeter gepolstert. Diese Polsterung hat auch Akzente in der Lackfarbe. Das "pikante" blaue Testauto hat blaue Akzente im Armaturenbrett, den Türfüllungen, den Fußmatten und den Sitzen. Die Sitze sind für kurze Strecken angenehm, aber nach einigen Hunderten Kilometer ununterbrochener Fahrt geben sie dem Rücken nur wenig Stütze. Außerdem sind die Kopfstützen für große Fahrer nicht weit genug herauszuziehen.

Bereits ab dem Basismodell (LX) sind die Becherhalter, Beleuchtung des Kofferraumes, Ablagen an der Rückseite der Vordersitze und ein Fahrerairbag standard. Ein Niveau höher kommen schon Servolenkung, ein Drehzahlmesser, digitale Uhr und Zentralverriegelung. Der hier gefahrene "EX Sport" ist die luxuriöseste Ausführung und ist dann mit elektrischen Fensterhebern vorne und hinten, Nebelscheinwerfer, Klimaanlage, ABS und Seitenairbags ausgestattet. Ein teurer Geschäftswagen, der ein paar Tage früher getestet wurde, bietet kaum mehr!

Lecker würzig

Der Picanto ist mit einem 1.0 oder einem 1.1-Liter Motor lieferbar. Bei der Einführung ist nur die 1.1-Liter-Variante lieferbar und deswegen wurde diese hier gefahren. Dieser Motor macht Kias Slogan "lecker würzig" (sollte es eigentlich nicht mit dem Namen Picanto "lecker pikant" heißen?) wahr. Vom ersten Moment an, also auch nach einem Kaltstart, arbeitet der Picanto sehr gut. Der Motor ist sowohl elastisch als auch schnell. Natürlich kann man in dieser (Preis)Klasse keine Wunder erwarten, aber der Picanto geht mit dem Verkehr mit großer Leichtigkeit um. Auch sicheres Überholen oder flottes Einfädeln ist absolut kein Problem.

Der Picanto arbeitet mit der Leichtigkeit, die eigentlich nur für teurere Autos charakteristisch ist. Bei kräftigem Beschleunigen brüllt der kleine Motor nicht, als ob es eine unmögliche Aufgabe wäre. Der Motor bleibt niedrig in der Drehzahl, in der täglichen Praxis, was geringe Motorgeräusche und einen niedrigen Kraftstoffverbrauch bedeutet. Nur der Zwischensprint von 80 auf 120 Km/h wird vorzugsweise im 4.Gang durchgeführt, weil er im 5.Gang viel zu viel Zeit kostet. Letztendlich kam der Testverbrauch dieses "Picanto Sport" auf nette 5,3 L/100 Km.

Die Bremsen scheinen für einen viel schwereren Motor gemacht worden zu sein. An der ersten Ampel wäre der Testfahrer ohne Sicherheitsgurt beinahe mit der Nase gegen die Windschutzscheibe gestoßen! Tipp: am Anfang der Probefahrt eine kurze Bremsprobe machen. Die hohe Bremskapazität ist zwar eine Gewöhnungssache, aber trägt wesentlich zur Sicherheit bei. Wenn es um Sicherheit geht: auch die Straßenlage ist überdurchschnittlich gut und mit dem Picanto kann man, bei Bedarf, eine Kurve flott nehmen. Die Lenkung ist angenehm und präzise; ganz Recht, ein pikantes Angebot.

Fazit

Es hat ein bisschen gedauert, aber Kia ist mit dem Picanto vollkommen in die Kleinstwagenklasse zurückgekehrt. Kias Kleinster unterscheidet sich durch sein fröhliches Design und einen auffallend geräumigen Innenraum. Die Verarbeitung ist auf einem hohen Niveau, von dem ein kompakter Kia vor einigen Jahren noch nicht mal träumen durfte. Auch in technischer Sicht ist der Picanto ganz auf der Höhe dieser Zeit. Der Motor ist flott, leise und sparsam. Die Bremsen sind (mehr als) ausgezeichnet und die Straßenlage - lobenswert. Mit dem Picanto können die Kia-Händler wieder gute Geschäfte machen, weil er ein pikantes Angebot ist.

plus
  • Vollwertig und solide
  • Ausgezeichnete Bremsen
  • Sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis
minus
  • Mäßige Sitze
  • Angegebener Herstellerverbrauch nur schwer realisierbar