Datum der Veröffentlichung: 10 März 2011
Ford Focus (2011 - 2018)
Autotest

Ford Focus (2011 - 2018)

Fahrkünste

Autotest - Na denn mal los. Der Ford Focus ist das am besten zu lenkende Auto in seiner Klasse, und ausgerechnet dieses Auto wurde jetzt vollständig erneuert. Um die Herausforderung anzugehen, hat Ford sich für eine ungewöhnliche Arbeitsmethode entschieden. Der neue Focus wurde von einem Team aus Mitarbeitern aus der ganzen Welt entworfen. Damit muss das Auto ein so breites Publikum ansprechen, dass der Focus in ein und derselben Form auf der ganzen Welt verkauft werden kann. Hat der Focus damit seine Schärfe verloren oder ist er statt dessen verlockender geworden?

Der Zweck der Entwicklung eines Modells, das auf der ganzen Welt verkauft werden kann, ist die Verringerung der Kosten. Damit sollte innovative Technik für eine große Gruppe von Käufern erreichbar werden. Die Technik wurde vor allem durch Sicherheitsaspekte beeinflusst. Wenn er mit den richtigen Optionen ausgestattet ist, wacht ein Arsenal von Videokameras, Radar und Infrarotsensoren über die Sicherheit der Insassen.

Neuer Technik

Die am meisten ins Auge springende Vorrichtung ist eine Kamera, die Verkehrsschilder abliest. Die aktuelle Höchstgeschwindigkeit oder ein lokales Überholverbot werden als Gedächtnisstütze im Display zwischen dem Tacho und dem Drehzahlmesser angezeigt. In fremden Gegenden ist das sehr bequem. Die Erkennung der Verkehrsschilder funktioniert in der Praxis perfekt; sogar Situationen wie eine abweichende Höchstgeschwindigkeit für Personenwagen und Laster werden intelligent erkannt.

Ford Focus (2011 - 2018)
Ford Focus (2011 - 2018)

Mit "Lane Keeping Aid" wird dem Fahrer dabei geholfen, die richtige Spur zu halten. Mit einem Druck auf den Knopf kann ausgewählt werden zwischen einer Warnung (Vibration am Lenkrad) oder einer aktiven Lenkkorrektur. Im letzten Fall wird das Auto zwar nicht selbstständig eine Kurve fahren, aber das Lenken außerhalb der Fahrspur wird erschwert. Es wird wieder leichter, wenn wieder in der richtigen Spur gefahren wird. Auch dieses System funktioniert ausgezeichnet. Nur auf Straßen mit vielen Kurven kann es manchmal störend sein, wenn die Lenkung leichter oder schwerer ist als erwartet, weil der Computer den Verlauf der Straße nicht richtig voraussagen kann.

Dank des Radars behält der Focus bei der Verwendung des Tempomaten automatisch Abstand vom Vordermann, auch wenn dieser langsamer fährt. Wenn der Fahrer das Gaspedal selber bedient, warnt der Computer, wenn der Abstand zum Vordermann gefährlich gering wird. Bei Geschwindigkeiten bis zu 30 km/h kann der Focus vollautomatisch vor Hindernissen bremsen!

Ein Teil dieser Einrichtungen war bis jetzt nur in Autos aus dem Topsegment verfügbar. Anders gesagt: nicht alles an Technik aus dem Focus ist in Fords eigenem Topmodell, dem Mondeo, verfügbar!

Ford Focus (2011 - 2018)

Form und Funktion

Die Formgebung des Focus muss ein weltweites Publikum ansprechen. Daher mussten zu viele Kompromisse gemacht werden. Das Äußere ist unausgeglichen und hat nicht die selbe straffe Linienform wie die anderen Modelle von Ford, die auf den ersten Blick ankommt. Der Designer erklärt das aber ganz anders: Er meint, dass der Focus ein ausgesprochen dynamisches Auto ist und sich das auch in der Formgebung äußert.

Auch das Interieur fühlt sich nicht sofort vertraut an. Die Menge der Knöpfe und Hebel ist groß. Nur am Lenkrad sind an beiden Seiten zwei schlichte Knöpfen zu finden, und zwei "Cursor-Inseln" im der Mitte des Lenkrades. Auch die Mittelkonsole hat viele Knöpfe.

Ford Focus (2011 - 2018)
Ford Focus (2011 - 2018)

Die erste Begegnung bedeutet daher nicht reinsetzen und losfahren, sondern reinsetzen und studieren. Trotz des etwas chaotischen Anblicks wurde der Entwurf durchaus logisch gewählt. Die Symbole auf allen Knöpfen werden einem schnell klar, wodurch schon nach einigen Minuten Fahrt alle gebotenen Vorsehungen eifrig genutzt werden.

Der Platz im Focus ist gut, jedoch nicht besser als durchschnittlich. Die Kopfstützen hinten sind zu niedrig für Erwachsene, wodurch sie keine Sicherheit bieten, sondern nur unbequem im Nacken drücken. Der neue Focus ist ausdrücklich als Familienauto gedacht. Deswegen ist nur eine fünftürige Ausführung verfügbar und kein Dreitürer geplant.

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Diesel

Ein niedriger Verbrauch ist wichtiger als je zuvor, und da liegt dementsprechend auch der Akzent bei den neuen Motoren. Zur Illustration: Der leichteste Dieselmotor ist jetzt schon sparsamer als die besonders sparsame "ECOnetic"-Ausführung des vorherigen Focus.

Für diese erste Bekanntschaft sind aber nur die stärksten Motoren verfügbar. Zuerst wurde mit dem 163 PS / 340 Nm starken 2.0 Liter Dieselmotor mit Sechsstufengetriebe gefahren, dem absoluten Topmodell aus der Skala. Die Automatik wurde mit einer doppelten Kupplung versehen und schaltet damit schneller, während der Verbrauch niedriger ist.

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Leider fühlt sich die "Powershift"-Automatik für den Fahrer nicht gut an und schaltet immer zu früh oder zu spät. Die Lösung besteht darin, selbst nacheinander zu schalten, aber das geht nur mit einem eigenartigen Kippschalter an der Seite der Schalthebel.

„Er arbeitet mit solcher Leichtigkeit, dass der Fahrer kaum spürt, wie schnell das Auto eigentlich ist.“

Mit dem kräftigsten der lieferbaren Dieselmotoren unter der Motorhaube ist der Focus noch immer kein aggressives oder herausforderndes Auto. Er arbeitet mit solcher Leichtigkeit, dass der Fahrer kaum spürt, wie schnell das Auto eigentlich ist. (0 auf 100 in 8,6 s, Höchstgeschwindigkeit 218 km/h). Der durchschnittliche Verbrauch beim Test auf langer Strecke betrug 6,1 Liter pro 100 km. Durch das Fehlen eines Stopp-/Start-Mechanismus' lag der durchschnittliche Verbrauch in der Stadt leider bei 7,5 Liter pro 100 km.

Benzin

Bis jetzt haben alle Benzinmotoren einen Inhalt von 1,6 Litern. Durch ein anderes Motormanagement oder das Hinzufügen eines Turbos bringen sie unterschiedliche Leistungen von 105 PS bis hin zu 180 PS. Ungeachtet der Leistung versprechen alle Benzinmotoren den selben Verbrauch und die selben CO2-Abgaswerte (139 Gramm/km).

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Für diesen Test sind wir mit dem 180 PS starken "EcoBoost"-Motor gefahren. Dieser hat einen besonderen Charakter. Die maximale Leistung wird bei hoher Drehzahl geliefert, während die maximale Zugkraft schon bei niedriger Drehzahl verfügbar ist. In der Praxis zeigt sich ein sehr starker Motor, der jedoch absolut nicht aufdringlich ist. Die Drehzahl darf auf Wunsch bis auf 1.600 rpm herunter, und dann ist immer noch vollauf Zugkraft verfügbar. Nur wenn die Nadel des Drehzahlmessers gnadenlos in den roten Bereich gebracht wird, zeigt dieser schnellste Focus einen sportlichen Charakter.

Weil der "1.6 EcoBoost" erst bei hohen Drehzahlen lebendig reagiert, ist die Verlockung groß, zu lange in einem niedrigen Gang zu fahren (dabei wird der vom Hersteller versprochene niedrige Verbrauch nicht realisiert). Deswegen hat Ford einen Schaltindikator und einen "Verbrauchscoach" eingebaut. Dieser belohnt ruhiges Fahren und rechtzeitiges Schalten mit grünen Blättern an einem Ast im Display.

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Die handgeschalteten Motoren sind mit einem Stopp-/Start-System ausgestattet, damit der Verbrauch auch in der Stadt beschränkt wird. Dieses System wirkt schnell und kaum merklich, genau so wie es sich gehört. Trotz eines anspruchsvollen Parcours (kurvenreiche Bergstraßen im Süden von Spanien) blieb der durchschnittliche Verbrauch deswegen auch auf 6,5 Liter pro 100 km beschränkt.

Straßenlage

Der Punkt, in welchem der Ford Focus sich immer von der Konkurrenz unterschieden hat, ist die Straßenlage. In der Regel ist ein Auto entweder sportlich oder komfortabel. Der Focus weiß das beste aus beidem kombinieren. Auf Straßenschäden bietet das Auto genug Komfort, während die Griffigkeit so gut ist, dass für die meisten Kurven kaum gebremst werden muss. Dabei ist auch das Gefühl im Lenkrad besonders gut: Der Fahrer weiß wie von selbst, wozu das Auto im Stande ist und wo die Grenzen liegen.

Im Vergleich zum vorherigen Focus ist die Straßenlage nicht stark verbessert; die gleichen Leistungen werden aber mit mehr Gemächlichkeit erbracht. Sportliches Fahren ist weniger spannend, während das Auto auf der Autobahn noch komfortabler geworden ist.

Ford Focus (2011 - 2018)

Fazit

Ford hat den neuen Focus so entworfen, dass er auf der ganzen Welt in der selben Version verkauft werden kann. Damit müssen die Kosten reduziert werden, um die Möglichkeiten moderner Technik in den bezahlbaren Bereich einer großen Käufergruppe zu bringen. Dieser Entwurf ist größtenteils gelungen. Der einzige Minuspunkt ist die Formgebung, die einen bemerkbaren Kompromiss darstellt, um jedem Geschmack zu entsprechen. Das Armaturenbrett ist ein ergonomisches Suchbild, doch nach einigen Tagen Fahrt hat sich der Fahrer daran gewöhnt.

Die wichtigste Ziele wurden zweifellos erreicht. So bietet der Focus eine Technik, die bislang nur Autos aus dem höheren Segment vorbehalten war. Der Alltag mit dem Ford ist deshalb nicht nur angenehmer, sondern vor allem auch sicherer. Obwohl weniger sichtbar, ist auch die Technik unter der Motorhaube modern. Der Focus ist sparsam, ohne an Leistung zu verlieren. Was geblieben ist, sind die ausgezeichneten Fahreigenschaften, womit der Focus das am besten zu steuernde Auto in seinem Segment bleibt.

Die neue Richtung, die Ford mit dem Focus eingeschlagen hat, ist daher auch in jeder Hinsicht ein Erfolg, und das ist buchstäblich und bildlich eine schöne Fahrkunst.

plus
  • Moderne Technik
  • Starke, kräftige Motoren
  • Ausgezeichnete Straßenlage
minus
  • Unausgeglichene Formgebung
  • Hintere Kopfstütze nicht hoch genug
  • Automatisches Getriebe fühlt sich für den Fahrer nicht gut an