Ford F150 Lightning

Ein Blick auf den F150 genügt, um zu verstehen, warum dieses Modell in Europa nicht zum Verkauf angeboten wird: Es handelt sich um einen Pickup-Truck. Solche Fahrzeuge werden hier nur von gelegentlichen Förstern oder Bauarbeitern genutzt, die einen offenen Raum für Ladung benötigen, die nicht in einen Transporter passt.

Die wenigen in Europa erhältlichen Pickups sind bereits groß. Der F150 ist jedoch sehr viel größer und daher auf europäischen Straßen fast unbeherrschbar. Mit einer Länge von fast 6 (!) Metern stand der Testfahrer beim Einparken immer vor der Wahl: entweder mehrere Lücken zu belegen oder weit herauszuragen und den Verkehr zu behindern. Mit einer Höhe von 2 Metern passt der F150 nicht in alle Garagen, und die Fahrer müssen auf Höhenbeschränkungen achten, als ob es sich um einen Lastwagen handeln würde.

Für Amerika gemacht

Doch in Amerika gilt der F150 als ein ganz normales Auto, selbst für Familien und Geschäftsleute. Und für die gigantischen Außenmaße bekommen die Besitzer eine Menge zurück. Das Einsteigen erfordert einen ordentlichen Aufstieg. Danach erwartet sie eine Kabine, die geräumiger ist als die des größten europäischen SUV. Der Vordersitz ist sogar so überdimensioniert, dass sich selbst große Erwachsene spontan klein fühlen. Um zu unterstreichen, wie groß der F150 ist: Die Pedale sind verstellbar, damit kleinere Fahrer sie nicht nicht erreichen können!

Hat man erst einmal hinter dem Lenkrad Platz genommen, blickt man über eine riesige Motorhaube und bekommt automatisch ein Gefühl von Macht und sogar Unbesiegbarkeit. In einem Land, in dem die Menschen wenig Vertrauen in die Politik oder die Polizei haben und es daher "jeder für sich" ist, ist das ein wertvolles Gut. Plötzlich wird klar, warum der F150 in Amerika so beliebt ist!

Auch hier ist das Platzangebot im Fond größer als in jedem großen SUV oder MPV in Europa. Wird die Rückbank nicht benötigt, kann sie einfach umgeklappt werden, um z. B. Platz für Werkzeug zu schaffen. Wem das alles noch nicht reicht, der findet unter der vorderen Klappe einen weiteren Laderaum. Und der ist wiederum größer als der Kofferraum des größten europäischen Autos.

Dies würde den F150 bereits zu einem sehr geräumigen und praktischen Auto machen, aber in Wirklichkeit wurde nur die Hälfte davon genannt! Hinter der Kabine befindet sich ein offener Raum. Aufgrund der Höhe des Fahrzeugs ist er nur über eine Klappleiter zu erreichen. Neben der Ladefläche befinden sich Steckdosen (110 Volt), um z. B. Elektrowerkzeuge zu betreiben. Der Wagen kann auch als Werkbank genutzt werden, da die Laderampe mit Messstangen ausgestattet ist. Natürlich wurde auch die Beleuchtung für nächtliche Arbeiten nicht vergessen.

Ausrüstung

Der F150 kennt keine Bescheidenheit, und deshalb gibt es hier kein minimalistisch gestaltetes Armaturenbrett. Obwohl der F150 das gleiche zentrale Display wie der Ford Mustang MACH-E verwendet, ist das Armaturenbrett dennoch mit Knöpfen, Hebeln und Bedienelementen vollgestopft. Die Funktionalität geht daher viel weiter als üblich. So bietet der F150 alle erdenklichen Funktionen für das Fahren im Gelände und für das "Überleben" im Auto. So lässt sich beispielsweise der Hebel des Automatikgetriebes (elektrisch) hochklappen, wodurch ein Tisch zwischen den beiden Vordersitzen entsteht. Natürlich finden sich im Innenraum auch Steckdosen für den Anschluss von Haushaltsgeräten. Das eingebaute Navigationssystem kann zwar eine Europakarte anzeigen, kennt aber kein einziges Land beim Namen. Es sieht aus wie ein amerikanisches! Sehr europäisch ist der anspruchsvolle Klang des B&O-Audiosystems.

Elektroauto

Der Grund, warum dieses eine Exemplar des Ford F150 nach Europa kommt, ist die Einführung einer Version mit Elektroantrieb: der F150 Lightning. Da der F150 das meistverkaufte Modell von Ford ist, wird die neue Batterietechnologie zuerst in diesem Modell zum Einsatz kommen, wovon Ford Europa gerne einen Vorgeschmack geben möchte. Die neuen Zellen sind leichter als bisher, wodurch die Batterie weniger schwer ist. Dabei kann die Batterie schneller geladen und entladen werden. Ersteres ist nützlich für schnelles Aufladen auf langen Fahrten, letzteres liefert viel Kraft für die Leistung.

Ford hat die gesamte Länge des F150 für Batterien genutzt. Deshalb hat die hier gefahrene "Long Range"-Version eine Batterie mit einer Kapazität von nicht weniger als 130 kWh. Das reicht nicht nur für eine Reichweite von über 500 km, sondern auch, um zum Beispiel drei Haushalte drei Tage lang mit Strom zu versorgen. Letzteres ist laut Ford für viele Käufer das entscheidende Argument für den Umstieg auf das elektrische Fahren.

Und damit die Käufer die Leistung ihres "V8-Big-Blocks" nicht vermissen, hat Ford den F150 Lightning mit einer ordentlichen Portion Power ausgestattet. Jeder F150 Lightning ist mit zwei Motoren ausgestattet (einer an der Vorderachse, einer an der Hinterachse). Im Testwagen kamen sie zusammen auf 580 PS und nicht weniger als 1.050 Nm Drehmoment. Ebenso wichtig: Die Batterie kann die enorme Energiemenge liefern, die nötig ist, um diese Motorleistung auf einen Schlag zu erzeugen. Der Name "Lightning" wurde nicht umsonst gewählt!

Tritt man auf das Gaspedal, hebt der F150 sofort die Nase und fährt mit brachialer Kraft. Selbst bei Zwischenbeschleunigungen sind die Elektromotoren wie Vorschlaghämmer. Beim Beschleunigen ändern sich die Ziffern auf dem digitalen Tachometer so schnell, dass sie kaum noch lesbar sind! Gleichzeitig ist es schwer vorstellbar, dass ein so großes und schweres Auto (3 Tonnen) so schnell sein kann. Und das ist erst der Anfang!

Es gibt tatsächlich einen Sportmodus. Dann wechselt der F150 Lightning von blitzschnell zu unwahrscheinlich brutal. Die Reaktion auf das Gaspedal ist jetzt noch aggressiver, und alle vier Räder drehen regelmäßig durch, weil die Motorleistung zu überwältigend ist! Kein Wunder also, dass der elektrische F150 schneller ist als die schnellste Version mit Verbrennungsmotor.

Beim Bremsen taucht dieses große Gebilde tief in die Federn ein. Das tut dem Handling zwar keinen Gefallen, macht das Erlebnis aber umso spektakulärer. Wenn der Fahrer abwechselnd das Brems- und das Gaspedal betätigt, kann er den F150 sogar zum Tanzen bringen! Obwohl der F150 Lightning den sonst so ruhigen Testfahrer völlig in seinen Bann gezogen hat, blieb der Verbrauch bei 27 kW pro 100 km stehen. Das ist zwar hoch, aber in Anbetracht der Leistung und der Größe des Fahrzeugs recht anständig. Wir übersehen dabei gerne, dass der F150 Lightning in Europa wegen seines anomalen Ladesteckers kaum aufgeladen werden kann.

Straßenlage

Nicht nur beim Beschleunigen und Bremsen taucht der F150 in die Federn ein. Auch bei Kurvenfahrten kippt der F150 Lightning wie ein echter Amerikaner. Das scheint zunächst ein Problem zu sein, aber angesichts der enormen Breite, der riesigen Räder und des niedrigen Schwerpunkts macht es in der Praxis nur noch mehr Spaß. Selbst wenn man bewusst an die Grenzen geht, bleibt der F150 Lightning sehr lange stabil.

Der F150 hat noch ein letztes Talent: Off-Roading. Und selbst das macht dieser Amerikaner anders als üblich. Wegen der Größe dieses Pickups wirken Steigungen kleiner als bei anderen Autos. Sein Gewicht reicht aus, um Hindernisse erst zu zertrümmern und, wenn es wirklich nicht anders geht, zu erklimmen. Im Geländemodus verfügt der F150 über Difflocks, die es nur einem Rad erlauben, zu greifen, um weiterzufahren. Auch abseits der Straße vermittelt der F150 Lightning daher ein großes Gefühl der Unbesiegbarkeit. Vielleicht ist das nicht überall gerechtfertigt, aber die europäischen Ebenen waren für diesen Amerikaner kaum eine Herausforderung.

Nicht zu verkaufen

Für diejenigen, die den F150 Lightning kaufen möchten, gibt es schlechte Nachrichten. In Amerika übertreffen die Verkäufe alle Erwartungen, so dass dieser Elektro-Pickup komplett ausverkauft ist. Es gibt jetzt sogar einen regen Handel mit "Produktionsplätzen", so dass diejenigen, die bereit sind, einen saftigen Aufpreis auf den Aufkleberpreis von 90.000 $ zu zahlen, ihren F150 schneller in die Hände bekommen können.

Der Markt für Pickup-Trucks ist in Europa sehr klein, und für den europäischen Markt bietet Ford den Ranger an. Auch aus diesem Grund wird der F150 nicht nach Europa geliefert, und es gibt auch keine konkreten Pläne, dies zu tun. Nach einigem Drängen teilt uns Ford Europa jedoch mit, dass es nicht völlig ausschließt, jemals eine Kleinserie des F150 Lightning zu importieren, wenn die Nachfrage im Heimatland ihren Höhepunkt überschritten hat.

Schlussfolgerung

Während eines Tages im Ford F150 Lightning kamen Gefühle der Machtgier und des Größenwahns auf, von denen der sonst so brave Testfahrer nichts wusste! Der Ford F150 ist extrem groß, beispiellos vielseitig, außergewöhnlich geräumig, unvergleichlich schnell und daher scheinbar unbesiegbar. Das mag sehr schön klingen, aber es spiegelt auch gut wider, was der F150 Lightning eigentlich ist: eine bahnbrechende Lösung für ein Problem, das niemand hat. Schon gar nicht in Europa. Selbst als ultimatives Spielzeug ist der F150 kaum begehrenswert, denn das Auto ist auf unseren Straßen unhandlich groß.

Es ist daher nur logisch, dass der F150 nicht in Europa verkauft wird. Dennoch war die Testfahrt sinnvoll, denn weil der F150 in Amerika so beliebt ist, hat Ford dieses Modell als erstes mit der neuesten Generation des Elektroantriebs ausgestattet. Im Vergleich zur Vorgängergeneration sind die Batterien leichter, stärker und schneller aufladbar. Das ist wirklich sehr sinnvoll, und deshalb wird diese Technologie auch bald in den europäischen Modellen von Ford zum Einsatz kommen.