Datum der Veröffentlichung: 29 Januar 2024
BYD Seal U
Autotest

BYD Seal U

Träumer oder Eroberer?

Autotest - BYD will die Welt erobern. Oder besser gesagt: "Build Your Dreams" hat bereits einen großen Teil der Welt erobert, da es bis 2023 mehr Elektroautos ausgeliefert hat als jede andere Automarke. Um auch den europäischen Markt zu erobern, will BYD in jedem Marktsegment ein Modell anbieten können. Deshalb stellt BYD jetzt einen mittelgroßen SUV vor: den Seal U.

Der Seal U hat eine besondere Geschichte. In China bietet BYD ein mittelgroßes SUV namens "Song" an. Dieses Modell hat eher klassische Linien, die auf den chinesischen Markt ausgerichtet sind. Als für den Song ein Facelift anstand, wurden sein Aussehen und seine Technik so stark überarbeitet, dass daraus ein neues Modell wurde: der Seal U. Er ist an BYDs sogenanntem "Ocean Aestetics"-Stil mit frischen, fließenden, vom Meer inspirierten Linien zu erkennen. Das erklärt auch den Namen, denn "Seal" steht nicht für das englische Wort für "Seehund", sondern für "Robbe" (das "U" steht für "Utility").

BYD Seal U

Raum

Dank seiner Linienführung wirkt der Seal U viel kleiner als er tatsächlich ist. Wer im Fond Platz nimmt, wird trotz des relativ kurzen Radstandes mit viel Kopf- und Beinfreiheit überrascht. Vorne bietet der Seal U ebenfalls viel Kopf- und Beinfreiheit, obwohl die in die Sitze integrierten Kopfstützen für große Fahrer zu niedrig sind. Die Sitze sind höher als in einem normalen Pkw, aber nicht so hoch wie in einigen SUVs in diesem Segment. Bedenken Sie, dass das so schön gestaltete Heck mit der kleinen Heckscheibe auch für eine mäßige Sicht nach hinten sorgt.

BYD will sich durch "Premium-Qualität für jedermann" ("premium accesible" in der Marketingsprache) auszeichnen. Die Verarbeitungsqualität ist daher gut, was zeigt, dass BYD zwar neu in Europa ist, aber in China bereits viele Jahre Erfahrung gesammelt hat. Außerdem ist die Ausstattung im Vergleich zum Preis reichhaltig. Was bei etablierten Premiummarken optional ist, ist beim Seal U Standard. Der Stil ist der eines Computers auf Rädern, nicht der eines Autos mit Elektronik.

BYD Seal U
BYD Seal U

Die meisten Funktionen werden über das zentrale Display gesteuert, das sich auf Knopfdruck kippen lässt. Das Navigieren ist mit einem Hochformat-Display angenehmer, da man dann die Route vor dem Auto besser im Blick hat. Für die Bedienung des Infotainmentsystems hingegen ist die Querformatposition schöner. Also ganz praktisch, so ein drehbarer Bildschirm!

Die Bedienelemente sind im Großen und Ganzen logisch, aber es gibt einige Bereiche, die verbessert werden können. Laut BYD wurde die Anzahl der Warnungen bereits deutlich reduziert, dennoch wird das Siegel U als extrem aufdringlich und verharmlosend empfunden. Da es ab 2024 obligatorisch sein wird, bestraft das Siegel U jede Unachtsamkeit des Fahrers. Und wie bei anderen Marken liest die Kamera auch Schilder für Ausfahrten und Parallelstraßen, was oft zu ungerechtfertigten Warnungen führt. Außerdem beschränkt sich BYD nicht auf einen Summer, das Auto spricht auch, und das ist noch ärgerlicher ("Sie haben die Höchstgeschwindigkeit überschritten"). Das Ausschalten kann nur schrittweise erfolgen, was ein Scrollen durch viele Menüs und Untermenüs erfordert.

BYD Seal U

Für das Audiosystem hat BYD mit dem Spezialisten Infiniti zusammengearbeitet. Der Klang ist in Bezug auf Klarheit oder Dynamik nichts Besonderes, aber sein Charakter ist als "angenehm" zu bezeichnen. Das liegt daran, dass das System nicht versucht, spektakulärer oder heller zu klingen, als es ist, und dass der ehrliche Klang angenehm ist.

Elektroauto

BYD bezeichnet sich selbst nicht als Autohersteller, sondern als Technologieunternehmen, das auch Autos baut. Das heißt, BYD hat die gesamte Technik im Haus, vom Steuergerät bis zum Elektromotor und von der Zelle bis zur Batterie. In der Batterie wird kein Kupfer oder Nickel verwendet. Dank einer ausgeklügelten Konstruktion kann diese sogenannte Blattbatterie" mehr Energie in einem kleineren Gehäuse speichern, was den überdurchschnittlich großen Platz im Seal U erklärt. Die gesamte Steuerungstechnik ist in einem Gehäuse integriert und daher effizienter und kleiner.

BYD Seal U

Das Seal U ist mit einer Batterie mit 72 kWh Kapazität und einem 313 PS / 310 Nm starken Elektromotor oder mit einer 87 kWh Batterie gekoppelt an einen 313 / 330 Nm starken Elektromotor erhältlich. Für diesen Test wurde der letztere gefahren. Zu Beginn wirkt das Seal U extrem eifrig und lebendig, denn die kleinste Bewegung des rechten Fußes wird sofort mit Beschleunigung beantwortet. Beim Treten in die Pedale scheint BYD den Fahrer jedoch vor sich selbst schützen zu wollen, denn das Seal U beißt nie wirklich. Energierückgewinnung ist nur in zwei Stufen möglich, und in beiden Fällen gibt es kaum eine Motorbremsung und damit kaum Stromerzeugung. Das Fahren mit nur einem Pedal ist nicht möglich.

Durch die geringe Fähigkeit zur Energierückgewinnung, die unruhige Reaktion auf das Gaspedal, das hohe Gewicht und die mäßige Stromlinie ist der Verbrauch hoch. Laut Prospekt verbraucht das Seal U 20,5 kWh auf 100 km. In der Praxis war er mit 18,3 kWh pro 100 km etwas niedriger, aber das ist immer noch der Verbrauch eines SUV der höheren Klasse. Die Reichweite mit der 87-kWh-Batterie auf Autobahnen und Landstraßen durch eine hügelige Landschaft bei moderaten Wetterbedingungen betrug 436 km (Werksangabe: 420 km).

BYD Seal U

Fahreigenschaften

Beim Fahrverhalten unterscheidet sich der Seal U am meisten vom Establishment. BYD setzt auf Komfort und tut dies mit einer gefühllosen, aber nicht besonders leichten Lenkung und einer weichen Federung. Dadurch kommuniziert der Seal U kaum mit dem Fahrer, was gewöhnungsbedürftig ist. Beim sanften Beschleunigen spürt man deutlich den Einfluss der Vorderräder auf die Lenkung, und auch das ist nicht sehr vertrauenserweckend. Die Testfahrt begann daher sehr ruhig. Ein Vorteil könnte sich sogar als Nachteil erweisen: Das Seal U ist so leise, dass selbst die Fahrgeräusche nicht deutlich machen, was vor sich geht.

Das Seal U erzwingt also geradezu einen ruhigen Fahrstil. Dann ist der Seal U ein herrlicher Reisewagen, der mühelos lange Strecken zurücklegt. Das Handling ist also eine persönliche Entscheidung für ausgeprägten Komfort.

BYD Seal U

Fazit

Wird BYD mit dem Seal U Europa erobern? Nach einer Probefahrt ist die Antwort ein vorsichtiges "Ja". Das Problem ist der Preis. Andere Newcomer starten mit unwiderstehlich niedrigen Preisen und der Seal U ist nur "preiswert". Außerdem übt die Konkurrenz Druck auf die Newcomer aus, indem sie ebenfalls die Preise senkt, wodurch sich die Unterschiede weiter verringern.

Rein vom Produkt her betrachtet, hat das Seal U einen unverwechselbaren Charakter. Das Fahrverhalten ist un-europäisch mit gefühlloser Lenkung und einer Karosserie, die bei dynamischer Fahrweise stark wackeln kann. Das muss aber kein Nachteil sein: BYD setzt auf Komfort, und wer ruhig fährt, hat mit dem Seal U ein wunderbares Reiseauto. Obwohl BYD ein Newcomer in Europa ist, sind Ausstattung und Verarbeitungsqualität bereits auf Augenhöhe mit etablierten Marken. Die Batterie ist sogar von überlegener Qualität. BYD ist also auf dem besten Weg, seinen Traum zu verwirklichen und sich ein eigenes Stück vom europäischen Markt zu erobern.

plus
  • Sehr geräumig
  • Großer Komfort (und Ruhe!)
  • Einzigartige, sichere und effiziente Batterietechnologie
minus
  • Fahren mit 1 Pedal nicht möglich
  • Gefühllose Lenkung, dünne Karosserie
  • Mäßige Leistung, hoher Energieverbrauch