Audi A8 (2010 - 2017)
Moderne Zivilisation
Der Audi A8 ist der Favorit bei zwei Gruppen von Käufern. Die eine Gruppe lässt sich fahren und wird das Lenkrad nicht oder kaum selber berühren. Die andere Gruppe wählt den A8 nicht nur wegen des Raumes hinten, sondern auch wegen der Fahreigenschaften. Gehören Sie zu der letzten Gruppe, dann lesen Sie weiter beim Absatz "Vorne"; denn wer einst selber mit dem A8 gefahren ist, wird danach nur noch selten hinten sitzen.
Hinten
Ein großes, imposantes Auto ist heutzutage vielleicht politisch inkorrekt, trotzdem ist der neue A8 größer als sein Vorgänger (Länge +8 cm, Radstand +5 cm). Doch wo bisher das Linienspiel das Auto imposant machte, wurde nun alles unternommen, um den A8 so kultiviert wie möglich aussehen zu lassen. Das mit Chromleisten angelegte Linienspiel lässt das Auto jetzt länger und schlanker erscheinen.
Das Interieur strahlt durch reichlich eingesetztes Leder, Holz und Chrom einen besonders großen Luxus aus. Gleichzeitig ist auch der A8 geschäftlich und stramm geformt wie jeder Audi. Es ist kein "gentlemen's society" auf Rädern voller Hochglanz-Wurzelfurnier und stimmungsvollem dunkelbraunem Leder. Stattdessen ist es den hellen Farben und den modernen Materialien zu verdanken, dass sich auch Käufer unter 50 Jahren im A8 wie zu Hause fühlen.
Der großzügige Radstand kommt vor allem den hinteren Sitzen zu gute. Abhängig von der gewählten Ausführung (längerer oder kürzerer Radstand) ist der Beinraum hinten großzügig oder sogar reichlich. Rücksitze mit Massagefunktion, Bildschirmen und sogar einem eigenen Klimakontrollsystem sind lieferbar. Doch das ist bei Autos in diesem Segment durchaus üblich. Der Raum und der Komfort hinten im A8 sind gut, jedoch nicht besser als bei der Konkurrenz.
Vorne
Der Audi A8 ist dafür vorgesehen, um sehr lange Strecken zu fahren. Der Fahrer wird viele Stunden im Auto verbringen, und deswegen sind die Vordersitze in alle denkbaren Richtungen verstellbar. Es braucht etwas Zeit, um alles nach Wunsch einzustellen, doch danach wünscht Mancher sich diese Sitze am liebsten auch in die Wohnung!
Audi unterscheidet sich mit dem Slogan "Vorsprung durch Technik", und das sollte unter anderem mit dem "Multi Media Interface" (MMI) erreicht werden. Audi wählt dabei bewusst keinen Touchscreen; denn laut Designer müßte sich der Fahrer zu weit aus dem Sitz lehnen, um ihn zu bedienen.
Auf der anderen Seite sind durch diese Wahl im Mitteltunnel eine große Anzahl von Knöpfen zu finden. Ganz neu ist das "touchpad" (zu vergleichen mit dem Touchpanel bei einem Laptop, das die Maus ersetzt). Mit Hilfe einer Schrifterkennung kann hiermit zum Beispiel das Ziel für das Navigationssystem eingegeben werden. Trotz aller Untersuchungen und aller schöne Worte von Audi ist das System in der Praxis nicht sicher zu bedienen. Während der Testfahrt erhielt die Spracherkennung den Vorzug.
Audio und Navigation
Dank "One Shot" können gesprochene Kommandos in vollen Sätzen erfolgen. Daher ist es nicht länger notwendig, lange Dialoge mit dem Auto zu führen. Neben dem Navigationssystem kann auch der MP3-Player mit gesprochenen Kommandos bedient werden. "Artist Madonna" würde zum Beispiel ausreichen, um Musik von Madonna zu hören. Leider ist die Treffsicherheit des "One Shot" in der Praxis gering, und das System bittet regelmäßig darum, den Namen zu buchstabieren.
Der Klang des optionalen Bose-Audiosystems ist aufdringlich, künstlich und ermüdend. Das ebenfalls optionale B&O-Audiosystem klingt jedoch besonders gut und ist den hohen Mehrpreis durchaus wert.
Eine echte Besonderheit ist die Integration von GoogleMaps. Über einen Online-Dienst von Audi kann Kartenmaterial von GoogleMaps über das normale Bild des Navigationssystems projiziert werden. Damit werden alle zusätzlichen Informationen von Google verfügbar, wie ein unendlich großes Adressbuch. Außerdem können Hinweispunkte, die zu Hause am PC bei GoogleMaps zugefügt wurden, auch im Auto benutzt werden. Dieser Online-Dienst bietet außerdem Wettervorhersagen und Nachrichten.
Fahreigenschaften
Der Audi A8 hat sich immer durch die leichte Bauweise von anderen Luxus-Reiseautos unterschieden. Je weniger Gewicht ein Motor in Bewegung bringen muss, desto schneller und sparsamer ist das Auto. Auch ändert ein leichtes Auto einfacher die Richtung, was für einen dynamischen Charakter sorgt. Mit "Drive Select" kann sich der Fahrer durch einen Druck auf den Knopf zwischen mehr Komfort und mehr Dynamik entscheiden. Den Unterschied zwischen den verschiedenen Modi spürt man vor allem beim Lenken (leicht/schwer, indirekt/direkt), die Reaktion des Gaspedals und das Verhalten des achtstufigen (!) Automatikgetriebes.
Vor allem im dynamischen Modus ist der A8 bemerkenswert wendig für ein Auto dieser Größe. Die gut fünf Meter lange und zwei Meter breite Limousine ist nicht einschüchternd groß, sondern genau so einfach zu fahren wie ein alltäglicher Audi A4.
Die Straßenlage ist durch den enormen Umfang des A8 gut. Wenn schnell gefahren wird, ist der A8 sicher kein sportliches Auto, doch genau wie ein Sportauto ist er sehr stabil. Überhängen in Kurven oder Runterdrücken beim Bremsen passiert beim A8 kaum. Auch bei kurzen, plötzlichen Lenkbewegungen reagiert das Auto ruhig und sicher. Gleichzeitig lässt der (Federungs-)Komfort kaum zu wünschen übrig.
Verbrauch
Ganz laut Forderung unserer Zeit ist der neue Audi A8 mit einem relativ leichten Motor lieferbar. Das Basismodell ist mit einem 3.0 Liter Sechszylinder Dieselmotor (250 PS / 550 Nm) ausgestattet, und dieser bringt sehr gute Leistungen. Der Fahrer hat auf keinen Fall das Gefühl, mit einem Basismotor zu fahren. Die Kraftquelle wirkt so fein, dass das Motorgeräusch kaum hörbar ist.
Ungeachtet der Drehzahl hat die Kraftquelle immer noch eine großartige Reserve einsatzbereit. Zum Vergleich: Wenn bei 120 km/h Vollgas gegeben wird, werden die Insassen buchstäblich in die Sitze gedrückt, und der Horizont kommt fast angsterregend schnell herbei. Während der Testfahrt wurde sogar einen Zwischenstopp eingelegt, um unter der Motorhaube nachzusehen, ob es tatsächlich "nur" ein Sechszylinder-Motor ist!
Natürlich ist der A8 auch mit Achtzylinder-Motoren lieferbar. In Anbetracht der Leistungen der Sechszylinder ist jedoch mehr eigentlich gar nicht notwendig. Die größte Stärke des 4.2 TDI (350 PS / 800 Nm) besteht darin, dass er mit noch größerer Leichtigkeit seine Leistungen erbringt. Das gibt ein mächtiges Gefühl und macht den A8 noch komfortabler. Im Gegensatz zum Sechszylinder gibt der Achtzylinder Diesel doch eine imposante Lautstärke von sich.
Weil der 4.2 TDI so einfach arbeitet, ist der Unterschied im Verbrauch zwischen beiden Motoren in der Praxis geringfügig. Der durchschnittliche Testverbrauch mit dem 3.0 TDI war 7,1 Liter pro 100 km (Herstellerangabe: 6,5 l/100 km). In Anbetracht der Leistung und des Umfangs des Wagens ist das äußerst bescheiden.
Fazit
Bis vor kurzem war das größte, schnellste und teuerste Auto automatisch das beste. Das Klima hat sich buchstäblich und bildlich geändert, und Audi hat sich daran angepasst. Obwohl der neue A8 größer und schneller als sein Vorgänger ist, sieht das Auto kultivierter aus, und der Verbrauch ist deutlich niedriger. Letzteres ist vor allem der Sparsamkeit beim Gewicht zu verdanken und bringt außerdem den Vorteil, dass das Auto dynamischer als die meisten Konkurrenten ist.
Was die Elektronik angeht, kombiniert der A8 alles, was die Konkurrenz bietet, und geht dabei manchmal noch einen Schritt weiter. Das betrifft sowohl das Entertainment als auch die Sicherheitssysteme. Die Kombination all dieser modernen Technik mit dem leichtgewichtigen Bau macht den A8 nicht nur zu einem Auto, in welchem sich mancher gerne fahren lässt. Es ist eine Limousine, bei der der Eigentümer auch gerne selber das Lenkrad in die Hand nimmt!
- Schnell und relativ sparsam
- Stramme, geschäftliche Formgebung
- Komfortabel mit sportlichem Unterton
- Bedienung MMI nicht intuitiv
- Hintere Kopfstütze behindert die Sicht im Innenspiegel
- Sehr modern, jedoch nicht so einzigartig, wie Audi glauben lässt