Alfa Romeo Junior
Jung im Herzen, groß in den Taten
Alfa Romeo hatte ein weiteres Problem. Nicht nur, dass es Modelle mit veralteter Technik anbietet, Alfa Romeo ist Teil von Stellantis, zu dem auch Fiat, Lancia und Abarth gehören. Alfa Romeo muss sich also von den bestehenden Angeboten abheben, ohne sich von seinen Stallgefährten abzusetzen. Alfa Romeo setzt daher auf Sportlichkeit in Kombination mit Alltagstauglichkeit. Das zeigt sich schon beim Design, denn Alfa Romeo hat die Abmessungen des Junior geschickt genutzt. Dank seiner Linienführung wirkt der Wagen nicht kompakt, sondern gedrungen und muskulös.
Raum und Ausstattung
Im Innenraum geben dunkle Materialien den Ton an. Die hier gefahrene "Veloce"-Version hat Schalensitze mit tiefem Sitz und viel Seitenhalt. Aufgrund der Form der Vordersitze ist die Beinfreiheit im Fond gering. Der Kofferraum ist mit 400 Litern überdurchschnittlich groß für ein Auto dieser Größe. Unter der Motorhaube bleibt nicht genug Platz für einen zweiten Stauraum ("Frunk"). Es gibt jedoch eine praktische Ablage, in die genau ein Ladekabel passt. Das ist sehr clever gemacht und wird sicher auch in anderen Modellen von Stellantis zu finden sein.
Mit seinem Design und Stil hebt sich der Junior gut ab. Die Ausstattung ist jedoch ähnlich wie bei den anderen Stellantis-Produkten. Lediglich die Logos und Bildschirm-"Grafiken" haben sich geändert. Das Audio-, Kommunikations- und Navigationssystem ist gut, aber nicht bemerkenswert. Das gilt auch für die (obligatorische) Sicherheitsausstattung. Leider klapperte der Testwagen mehrfach, und das sollte trotz früherer, zweifellos wilder Testfahrten nicht der Fall sein.
Elektroauto
Den Junior gibt es als Hybrid und als reines Elektroauto. Bei der Entwicklung war der elektrische Junior in seiner sportlichsten Form die Ausgangsbasis. Die anderen Versionen sind also von der Topversion abgeleitet und nicht umgekehrt, wie bei den meisten anderen Marken. Die "Veloce"-Version war die erste, die in Produktion ging und für diesen Anlass getestet wurde.
Da Alfa Romeo eine Standardplattform von Stellantis verwenden musste, war der Frontantrieb eine erzwungene Wahl. Laut den Ingenieuren ist dies jedoch ein Vorteil, da ein Elektroauto mit dem Elektromotor häufiger bremst (und so Energie zurückgewinnt) als mit den mechanischen Bremsen. An diesem Punkt taucht das Auto nach vorne ab, was laut Alfa Romeo zusätzlichen Druck und damit Grip auf die Vorderräder erzeugt. Um die gewünschte Leistung zu erreichen, wurde für den Veloce ein neuer Elektromotor entwickelt. Wegen des Frontantriebs ist er mit einem mechanischen Sperrdifferenzial TorSen D" gekoppelt, um die Leistung (280 PS / 345 Nm) tatsächlich zu nutzen. So bekommt das Rad mit dem meisten Grip auch die meiste Antriebsleistung.
Wie die Alfa Romeos der (jüngeren) Vergangenheit verfügt auch der Junior über einen sogenannten "DNA" -Knopf, mit dem man zwischen einem dynamischen, neutralen oder sparsamen Charakter wählen kann. Und nach wie vor sind die Unterschiede zwischen diesen Modi groß. Im effizienten Modus ist die Leistung bereits sehr gut und der Energieverbrauch liegt bei 16,5 kWh pro 100 km. Die Reichweite liegt dann bei etwa 400 km. Im Standardmodus nimmt die Lebendigkeit zu, und es ist spürbar, dass die Klimaanlage mehr Leistung bringt. Da der Test bei sehr heißem Wetter stattfand, war das angenehm. Wenn man den B-Modus der Automatik wählt, gewinnt der Junior beim Loslassen des Gaspedals etwas Energie zurück. Die Geschwindigkeit nimmt dann kaum ab, und deshalb ist das Fahren mit einem Pedal leider nicht möglich.
Veloce!
So viel zur Standardfahrt. Denn wenn der Veloce eines nicht ist, dann ist es Standard. Diese Spitzenversion bietet eine Leistung, die auch auf einer Rennstrecke nicht fehl am Platz wäre, und genau deshalb wurden die meisten Kilometer dort zurückgelegt. Doch dieser Leistungsantrieb ist nicht sofort spürbar, denn selbst im Dynamic-Modus baut sich die Leistung enttäuschend ruhig auf. Dafür gibt es zwei Gründe. Der wahre Wilde wird der Abarth 600 sein, der die gleiche Technologie verwendet. Wichtiger ist jedoch, dass der Junior auch alltagstauglich sein soll und sportliches Fahren für jedermann einfach machen will. Ein Auto, das zu ungeduldig auf das Gaspedal reagiert, wird leicht unausgewogen und damit für Anfänger weniger leicht zu fahren. Und seien Sie versichert: Sobald der Junior Veloce seine volle Leistung entfaltet, ist er ein aufregend schnelles Auto. Der Sprint von 0 auf 100 km/h in 6 Sekunden ist zwar weniger beeindruckend, aber die Zwischensprints sind es allemal.
Dazu kommt ein künstliches Motorengeräusch, das nicht wie ein Verbrennungsmotor klingt. Der Junior gibt ein dezentes, sci-fi-mäßiges Brummen von sich, das das Erlebnis intensiviert, aber nicht lästig ist. Dies ist also das erste Elektroauto, bei dem der Testfahrer das künstliche Motorengeräusch nicht ausgeschaltet hat.
Bedienung
Die meisten Elektroautos haben ein gleichmäßiges, stattliches Fahrverhalten, weil sie ein hohes Gewicht und einen niedrigen Schwerpunkt aufgrund der Batterien im Boden haben. Um dem Junior einen sportlichen Charakter zu verleihen, hat Alfa Romeo viel Arbeit in die Gewichtsreduzierung gesteckt. Mit 1.560 kg wiegt der Junior genauso viel wie ein vergleichbarer Hybrid!
Außerdem verfügt die Veloce-Version über sportlich abgestimmte Federn (um 25 mm tiefergelegt), Dämpfer, Lenkung, Reifen und Bremsen. Dank zusätzlicher Querstreben ist der Veloce auch straffer (für ein schärferes Lenkverhalten). Der Veloce fährt sich also ganz anders als die anderen Versionen. Auf öffentlichen Straßen ist die Federung straff, aber nicht hart (dafür ist der Abarth 600 ja da). Die Lenkung ist aufmerksam, was zusammen mit dem relativ geringen Gewicht das Auto lebendig macht. Noch wichtiger ist, dass der Veloce dadurch eine Herausforderung darstellt!
Wenn man sich darauf einlässt, belohnt der Veloce das Verhalten mit Dynamik und Entschlossenheit. Dank des relativ geringen Gewichts, des niedrigen Schwerpunkts, der fortschrittlichen Aufhängung und des Sperrdifferenzials sind die Grenzen sehr weit gesteckt. Darüber hinaus sorgen all diese Modifikationen dafür, dass der Junior auch auf schlechten Straßen und in den Händen von weniger versierten Fahrern leistungsfähig ist. Dank der Technologie ist die Kommunikation zwischen Auto und Fahrer gut, was wiederum für ein intensiveres Erlebnis sorgt!
Fazit
Kann der Junior die Marke Alfa Romeo wieder zum Leben erwecken? Trotz einer intensiven Testfahrt bleibt die Antwort auf diese Frage abzuwarten. Die meistverkauften Versionen werden der normale elektrische Junior und der Hybrid sein. Dieser Test basiert auf dem extrem sportlichen Junior Veloce, und das ist in erster Linie ein Premium-Modell, keine Version, die sich in großen Stückzahlen verkaufen wird. Außerdem ist der Veloce so stark auf Sportlichkeit getrimmt, dass sich seine Fahreigenschaften stark vom normalen Junior unterscheiden.
Die ersten Anzeichen für das Topmodell sind mehr als positiv. Das Design ist eine kühne, moderne Interpretation des klassischen Stils von Alfa Romeo. Trotz der modernen Linien und der neuen Form (ein Crossover) ist die Attraktivität eines Alfa Romeo erhalten geblieben. Dank des Hybrid- und des reinen Elektroantriebs bietet der Junior die moderne Technologie, die die Marke so dringend benötigt.
Als Veloce kommt eine große Portion Entschlossenheit hinzu. Die Leistung des neuen Elektromotors ist sehr gut und dank eines Sperrdifferentials kann die Kraft fast ohne Einbußen genutzt werden. Eine leichte Bauweise und ein fortschrittliches Fahrwerk sorgen für ein hervorragendes Handling. Kurzum: Der Junior ist trotz des neuen Konzepts ein würdiger Nachfolger des klassischen Alfa Romeo, und dank moderner Technik ist er sogar noch besser.
- Hervorragendes Fahrverhalten
- Sehr schnell und dennoch sportlich
- Mäßiges Platzangebot im Fond
- Testwagen nicht frei von Klappergeräuschen