Datum der Veröffentlichung: 14 Mai 2001
Lotus Elise
Autotest

Lotus Elise

Der zweite, der Beste

Autotest - "Wenn etwas gut läuft, ändere nichts", lautet ein Sprichwort. Lotus hat jedoch das Risiko in Kauf genommen und überarbeitete seine beste Erfolgsnummer. Der Lotus Elise I war der fast perfekte Sportwagen, mit einem reinen, unkomplizierten Charakter und einer bescheidenen Ausstrahlung. Jetzt wurde der Lotus Elise I im Design mit dem Computer überarbeitet. Dabei hat man sehr gut auf die Kunden gehört und hat das Auto nur an den empfohlenen Punkten verbessert, während der Charakter ansonsten gleich geblieben ist.

Eine Sache hat sich aber beim Charakter des Elise geändert: sein Äußeres. Während der Elise I eine bescheidene Ausstrahlung hatte, sieht das neue Auto richtig aggressiv aus. Die scharfen Linien, bissig schauende Scheinwerfer und das hoch auflaufende Heck lassen keinen Zweifel zu; der neue Lotus Elise ist ein Sportwagen ersten Ranges. Bei jedem Designelement stand die Gewichteinsparung im Mittelpunkt. Das Credo des Lotus Gründers Colin Chapman lautet nämlich: "Light is right". Es ist bewundernswert, wie es den Designern (echten Minimalisten) gelungen ist, einen so überwältigend schönen Innenraum mit so wenig Materialien zu kreieren. Obwohl das Auto, genau genommen, nicht mal ein Armaturenbrett hat, ist der Innenraum ansonsten gut versorgt. So ist ein Teil der Karosserie mit weichen Kunststoffpanelen ausgepolstert, deren Farben in der Sitzpolsterung wieder zurückkehren.

Hinter dem Lenkrad findet man nur die notwendigsten Instrumente, sogar die Tank- und die Motortemperaturanzeige sind digital ausgeführt, um Gewicht zu sparen. Das einzige Extra ist ein Lämpchen am Drehzahlmesser, das bei warmem Motor den optimalen Schaltmoment anzeigt. Der Einstieg in den Lotus Elise II ist etwas einfacher geworden, als beim Vorgänger. Obwohl es immer noch bequemer ist, zuerst vor dem Auto zu stehen, mit den Händen über die Windschutzscheibe zu greifen und dann in den Sitz zu springen, ist es jetzt auch möglich "Normal" einzusteigen. Um Gewicht zu sparen, ist nur der Fahrersitz verstellbar und mit einer aufblasbaren Lendenstütze versehen. Die Sitze passen farblich gut zum Innenraum, geben viel Seitenhalt und sind so hart, dass der Fahrer sicher sein kann, jedes Signal des Fahrgestells laut und deutlich mit zu bekommen.

Lotus Elise

Bei einem Sportwagen wie dem Lotus Elise II steht die Kommunikation an erster Stelle, damit der Fahrer auch das Optimale aus dem Auto herausholen kann. Das resultiert nicht nur in den besonderen "Komfort" der Sitze, sondern auch in ein steinhartes Fahrgestell. Während der ersten Kilometer bezweifelt man sogar, dass das Auto überhaupt eine Federung hat, aber je länger die Testfahrt dauert, desto mehr schätzt der Fahrer das Fahrgestell. Die Lenkung ist sehr direkt und wie ehedem ohne Servounterstützung, so dass der Fahrer das Auto erneut wieder perfekt fühlen und gut einschätzen kann.

Die Straßenlage und die Wendigkeit des Elise I waren schon hervorragend, der Elise II lässt sich noch besser erfühlen und seine Grenzen liegen noch weiter weg. Außerdem ist der Lotus Elise II bei Regen weniger Hecklastig. Durch die breiten Seitenpanelen im Innenraum hat man den Eindruck, als ob das Auto breiter und größer wäre als sein Vorgänger. ABS, Traktions- oder Stabilitätskontrolle verringern beim echten Lotus-Fan nur das wirkliche Fahrvergnügen und sind deshalb auch weggelassen worden. Außerdem wird das Auto durch diese "Spaßkiller" nur schwerer und damit weniger schnell.

Lotus Elise

Düsenjäger

Dank der ganzen Gewichtseinsparung bringt der Elise II gerade mal 700 Kg auf die Waage. Deswegen reicht auch derselbe, relativ leichte Motor wie bei seinem Vorgänger aus: ein 1.8-Liter 4-Zylinder von Rover. Natürlich hat Lotus das Triebwerk seinen eigenen Anforderungen angepasst, wodurch 122 PS auf die Hinterräder losgelassen werden können. Dies scheint vielleicht eine etwas bescheidene Zahl zu sein, aber wer Lotus ein bisschen kennt, der weiß, dass das Auto damit zu sehr spektakulären Dingen fähig ist.

Bereits beim gewöhnlichen Fahren hat der Fahrer fortwährend das Gefühl, dass im Rücken ein Raketenmotor steckt, der das Auto in jedem gewünschten Moment abfeuern könnte. Auch bei niedriger Drehzahl ist die Bereitwilligkeit des Motors enorm und deutlich, dass dies ein Vollblutsportwagen mit einem unstillbaren Geschwindigkeitshunger ist. Dieser Hunger muss gestillt werden. Der Sprint von 0 auf 100 Km/h dauert, laut Lotus, nur 5.7 Sekunden und ist so großartig, dass sich eigentlich nur ein Düsenjägerpilot nochmehr wünschen könnte.

Wenn es um die Motorgeräusche geht, wird der Düsenjägerpilot keine weiteren Wünsche haben. Der Elise II ist eine Adrenalinpumpe auf Rädern. Bei geöffnetem Dach ist der Fahrtwind gut hörbar und zusammen mit dem sehr tiefen Sitz macht dies die Empfindung komplett. Da kommt noch hinzu, dass sich der Schaltknüppel dem Motorverhalten perfekt anschließt und die Insassenen, wie von einem Katapult, abgefeuert werden. Dann scheint der Elise II nicht nur viel schneller als der restliche Verkehr zu sein, es scheint, als ob der Elise II auf einer Autobahn voller Fußgänger manövriert werden muss!

Zum Glück, gehört zu dieser ganzen Kapazität das formidable Bremsen-Set. Wie es sich bei einem puren Sportwagen, wie diesem, gehört, wird die Bremskraft nicht hydraulisch verstärkt. Wer nicht daran gewöhnt ist, denkt bei der ersten Bekanntmachung, dass die Bremsen defekt sind, aber nach einiger Übung wird sich kein Auto-Fan etwas anderes wünschen. Gerade durch das Fehlen der Brems-Unterstützung ist die Kommunikationslinie zwischen Fahrer und Auto 100% sauber. Die Stoppkraft ist eindrucksvoll und perfekt zu dosieren. Die Bremsen verringern die Geschwindigkeit nicht schleichend, sondern stoppen das Auto direkt auf dem gewünschten Punkt. Die Bremsen erwecken ein großes Vertrauen, so dass jede Fahrt zu mehr einlädt.

Fazit

Lotus hat ein großes Risiko auf sich genommen, einen Sportwagen mit sehr guten Verkaufszahlen radikal zu überarbeiten. Zum Glück ist auch die zweite Generation des Lotus Elise ein Sportwagen in seiner reinsten Form. Wenn es um reines und unkompliziertes Fahrvergnügen geht, ist es Lotus gelungen, die Perfektion noch zu vervollkommnen. Sein Äußeres passt jetzt besser zu seinen Leistungen, das Auto ist ein Bruchteil funktioneller geworden, die Verarbeitung ist wesentlich besser und das Konzept entspricht noch besser den Wünschen der Lotus Kunden. Der Lotus Elise II erzeugt immer noch ein unübertroffenes Gefühl von Wendigkeit, Beweglichkeit und Geschwindigkeit, dadurch haben alle anderen Sportwagen, wortwörtlich und bildlich, das "Nachsehen".

plus
  • Mutiges Design
  • Sehr kommunikativ
  • Sehr viel Rennvergnügen
minus
  • Viele Nebengeräusche
  • Kein komplettes Cabriogefühl
  • Bei kaltem Motor lästiges Schalten